Die Aktion Stadtwerke Stuttgart kritisiert den OB wegen der Ablehnung des Bürgerbegehrens zur Energieversorgung. Sie will den Druck erhöhen.

Stuttgart - Die Vertrauensleute des Bürgerbegehrens zur Rekommunalisierung der Energie- und Wasserversorgung in der Landeshauptstadt haben mit Unverständnis und Empörung auf die Ablehnung ihrer Forderung durch OB Wolfgang Schuster reagiert. „Wenn die Bürger über Elemente der Grundversorgung nicht mehr mitreden können, ist das undemokratisch“, so die Sprecherin der Aktion Stadtwerke Stuttgart, Barbara Kern.

 

OB Schuster habe noch nie ein Hehl daraus gemacht, dass er gegen eine hundertprozentige Rekommunalisierung der Energieversorgung sei. Insofern sei das Bedauern des OB über die Ablehnung aus rechtlichen Gründen geheuchelt: „Wenn die Stadt es tatsächlich bedauern würde, dass das Bürgerbegehren missachtet wird, hätte sie unseren Vorschlag annehmen und das Begehren bis zum Ende des Vergabeverfahrens ruhen lassen können.“ Kern kündigte an, nun auf politischem Wege Druck zu machen – etwa über den OB-Kandidaten und Aktivisten des Stuttgarter Wasserforums, Jens Loewe. Zudem werde eine Normenkontrollklage geprüft.

Wie berichtet, stützt sich der Rathauschef bei seiner Haltung auf ein Rechtsgutachten der Kanzlei Dolde, Mayen und Partner. Darin wird das Bürgerbegehren, das auf eine hundertprozentige Übernahme der Leitungsnetze für die Strom-, Gas- Wasser- und Fernwärmeversorgung durch die Landeshauptstadt vom 1. Januar 2014 an abzielt, als rechtlich nicht zulässig erachtet. Begründet wird dies vor allem damit, dass die Fragestellung des Bürgerbegehrens auf eine Vergabe ohne Ausschreibung gerichtet sei. Dies sei rechtswidrig. Die einschlägigen Gesetze (Kartellrecht und Energiewirtschaftsgesetz) schrieben ein diskriminierungsfreies und transparentes Wettbewerbsverfahren bei der Vergabe von Wegenutzungsrechten für die Energieversorgung vor, so die Gutachter.

Initiatoren sehen EnBW-Lobby am Werk

Barbara Kern und ihre Mitstreiter sehen dagegen die EnBW-Lobby am Werk. Selbstverständlich habe man die Fragestellung rechtlich prüfen lassen, so Kern, allerdings schon Anfang 2011. Das Energiewirtschaftsgesetz sei dann aber im Sommer 2011 deutlich verschärft worden – auf Druck der Energiekonzerne, wie Kern vermutet: „Die Rekommunalisierung der Energieversorgung soll erschwert werden.“ Deutsches Recht sei jetzt schärfer als EU-Recht. Die Energiekonzerne hätten ganze Arbeit geleistet, um Rekommunalisierungen zu stoppen. Durch die nun praktizierte Konzessionsvergabe liefen Bürgerbegehren ins Leere.

Die gleiche Absicht verfolge auch das vom Grünen-Politiker Franz Untersteller geführte Umweltministerium, lautet ein weiterer Vorwurf Kerns. Als zuständige Landeskartellbehörde hatte das Ministerium im August 2011 den Entwurf eines Positionspapiers zum Thema Konzessionsvergabe im Strom- und Gassektor erstellt. Darin wird vor der Gefahr einer Vorfestlegung auf einen städtischen Eigenbetrieb gewarnt: Dies degradiere die Konzessionsvergabe zur Formalität und könne als „wettbewerbsbeeinträchtigende Marktabschottung“ interpretiert werden.

Misstrauisch macht Barbara Kern darüber hinaus jene Passage aus dem Papier, in der es heißt, dass diese grundsätzlichen Hinweise auch auf die Wasserversorgung übertragbar seien. Gemeinsam mit dem Wasserforum hatte sie 2009 – noch vor der Verschärfung des Energiewirtschaftsgesetzes – erfolgreich das Bürgerbegehren „100-Wasser“ zum Rückkauf der Wassernetze von der EnBW initiiert, das sich der Gemeinderat 2010 zu eigen gemacht hatte. „Sicher können wir erst sein, wenn ,100-Wasser‘ umgesetzt worden ist“, sagt die Sprecherin.

Namensnennungen in der Vorlage datenschutzrechtlich kritisch

In der Verwaltungsvorlage, die das Bürgerbegehren für unzulässig erklärt und über die der Gemeinderat am Donnerstag entscheidet, hat Kern überdies einen Verstoß gegen den Datenschutz ausgemacht. Dort wird eine Mitinitiatorin namentlich genannt, die das Bürgerbegehren angeblich nicht mitunterzeichnet hat. Diese Behauptung sei zudem falsch und solle offenbar die Vertrauensleute diskreditieren.

Bei der städtischen Abteilung Datenschutz hält man Namensnennungen Dritter in öffentlich einsehbaren Verwaltungsvorlagen generell für „kritisch“. Ein Mitarbeiter des Datenschutzbeauftragten erklärte gegenüber der StZ, es gebe dafür keine Rechtsgrundlage. Hier befänden sich die städtischen Datenschützer im Übrigen in voller Übereinstimmung mit der Auffassung des Landesdatenschutzbeauftragten.