Der Verwaltungsausschuss hält die Forderung von S-21-Gegnern mehrheitlich für unzulässig. Nach der Volksabstimmung sei ein Bürgerentscheid auch nicht mehr notwendig.

Stuttgart - Der Verwaltungsausschuss des Gemeinderats hat auf Vorschlag des Rechtsamts mit den Stimmen von CDU, SPD, FDP und Freien Wählern den Stuttgart-21-Gegnern Sigrid Klausmann-Sittler, Axel Wieland und Bernhard Ludwig die Unterstützung im Kampf gegen das Projekt versagt. Den Widersprüchen gegen den Bescheid der Stadt über die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens werde „nicht abgeholfen“, heißt es im Beamtendeutsch.

 

Nach der Volksabstimmung, die auch in Stuttgart eine Mehrheit für die S-21-Befürworter gebracht habe, sei ein Bürgerentscheid auch nicht mehr sinnvoll und notwendig, hieß es im Ausschuss – aus dem Mund von Grünen-Stadtrat Jochen Stopper, der allerdings die Widersprüche der Gegner für rechtlich zulässig hält und deshalb mit seinen Fraktionskollegen sowie mit SÖS/Linke gegen die Vorlage stimmte. „Die Volksabstimmung war nur die zweitbeste Lösung“, so Stopper.

„Die Grundlage für Stuttgart 21 ist weggefallen.“

Gangolf Stocker (SÖS) vertritt die Ansicht, es mangele im Lichte neuerer Erkenntnisse – „getürkter Stresstest und verminderte Leistungsfähigkeit“ sowie Kostenexplosion und Bauzeitverlängerung – an der Planrechtfertigung: „Die Grundlage für Stuttgart 21 ist weggefallen.“ Er ist sich sicher, dass heute ein Bürgerentscheid zu Gunsten der S-21-Gegner ausfiele. Er hält die Forderung nach einer weiteren Befragung der Stuttgarter schon aus diesem Grund für gerechtfertigt. Die drei Projektgegner hatten schon vor der Volksabstimmung im vergangenen November einen Bürgerentscheid beantragt mit der Erwartung, die Stadt könnte gezwungen werden, aus der Finanzierung des mit 4,52 Milliarden Euro kalkulierten Bahnprojekts auszusteigen.

Die Antragsteller vertreten die Ansicht, eine Mischfinanzierung des Vorhabens sei unzulässig. Weil der Ausbau des Schienenverkehrs eine Bundesangelegenheit sei, dürften Stadt, Flughafen, Region und Land keine eigenen Beiträge leisten. Die Auffassung, es liege ein Verstoß gegen das Grundgesetz vor, wird durch ein Gutachten des Berliner Staatsrechtlers Hans Meyer für die Grünen-Fraktion im Landtag bestätigt.

Fristen für Bürgerbegehren abgelaufen

Es handele sich dabei allerdings um eine Minderheitenmeinung, sagte der Leiter des Rechtsamts, Karl-Heinz Paßler. Der öffentlichen Hand sei es keineswegs untersagt, mit anderen Institutionen zusammenzuarbeiten, um bestimmte Ziele, etwa im Städtebau, zu erreichen. Dafür dürfe auch die Finanzierung aufgeteilt werden. Er widersprach der Behauptung, die Angemessenheit der städtischen Beteiligung sei vom Gemeinderat nicht geprüft worden. Ein Ratsbeschluss schließe eine vorherige Prüfung der Rechtslage ein.

Der Gemeinderat wies den Antrag auf Zulassung des Bürgerentscheids im Juni 2011 aber auch deshalb als unbegründet zurück, weil dieser ein rechtswidriges Ziel verfolge, nämlich gegen geltende Verträge mit den Projektpartnern zu verstoßen. Außerdem seien die Fristen für ein Bürgerbegehren längst abgelaufen – der Finanzierungsbeschluss des Gemeinderats stammt aus dem Jahr 2007, die Weichen für Stuttgart 21 gestellt hat das Gremium bereits 1995 mit der Zustimmung zur Rahmenvereinbarung.

Keine politische, sondern eine rechtliche Bewertung

Den Stadträten war wichtig zu betonen, mit dem Nein zum Bürgerentscheid keine politische, sondern lediglich eine rechtliche Bewertung vorzunehmen. Die Entscheidung sei alternativlos, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Alexander Kotz. „Wir konnten gar nicht anders, als den Bürgerentscheid abzulehnen.“ Er sei froh, dass auch in Stuttgart die Volksabstimmung von den Befürwortern gewonnen worden sei.

Jochen Stopper sieht die Rechtsposition der Stadt dagegen „auf wackeligen Beinen“, auch deshalb, weil keine Folgenabschätzung stattgefunden habe und die Stückelung des Finanzierungsbetrags willkürlich erfolgt sei. Der SPD-Stadtrat Manfred Kanzleiter behauptete, die Grünen lehnten die Vorlage „wider besseren Wissens ab“; sie orientierten sich an einer rechtlichen Minderheitenmeinung. Durch die Volksabstimmung habe sich ein Bürgerentscheid erübrigt. Man solle sich jetzt endlich aufs Bauen konzentrieren.