Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat angekündigt, das Neue Schloss für die Allgemeinheit zu öffnen. Die Frage, was die Bürger dort erwartet, war jetzt Thema eines „Großen Ratschlags“ .

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Stuttgart - Sucht man nach einem passenden Motto für die Zusammenkunft im Neuen Schloss, liegt man mit „Wünsch Dir was“ nicht falsch. Denn alle die gekommen sind, etwa 90 Vertreter der Stadtgesellschaft, Bürger im Aufbruch, Vordenker, Nachdenker und sonstige Kreative, haben Wünsche mitgebracht, um sie bei den Vertretern der Landesregierung – darunter der Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung, Gisela Erler, und Finanzstaatssekretärin Gisela Splett (Grüne) zu platzieren.

 

Offiziell nennt sich der Wünsche- und Ideen-Nachmittag „Großer Ratschlag Neues Schloss“, einberufen von Staatsrätin Erler. Das Ziel: Vorschläge für die geplante öffentliche Nutzung des Neuen Schlosses sammeln. Bereits während der Langen Nacht der Museen in diesem und im vergangenen Jahr konnten Bürger Ideen einspeisen. Sie sind auf Tafeln im Marmorsaal festgehalten und bilden die Kulisse für das Treffen am Donnerstagnachmittag.

Diskutiert wird innerhalb eines vorgegebenen Rahmens. Dieser besagt: Die notwendige Sanierung des Mitteltrakts der im Krieg zerstörten und wiederaufgebauten ehemaligen Residenz der württembergischen Herzöge und Könige soll einhergehen mit einer dauerhaften Öffnung des Erd- und des Untergeschosses, teilweise auch des Obergeschosses. Die Seitenflügel bleiben dem Wirtschafts- und dem Finanzministerium vorbehalten, die Durchgänge vom Ehrenhof zur Planie und zum Eckensee sollen geöffnet und ein Durchgang zum Akademiegarten neu geschaffen werden. Der Berliner Architekt Martin Sting hat dies in ein Modell gegossen, das als Diskussionsgrundlage dient.

Ideengeber Milla: das Neue Schloss größer denken

Aus Sicht des Stuttgarter Kommunikationsexperten Johannes Milla ist dieser Rahmen zu eng gesteckt. Von Milla stammt die Ursprungsidee für ein Bürgerschloss. Beim „Großen Ratschlag“ plädiert er dafür, das Bürgerschloss „größer zu denken“. Bisher seien nur vier Räume im Erdgeschoss und zehn Räume im Untergeschoss für die Bürger vorgesehen. Zu wenig, findet er: „Die Menschen sollen jederzeit, nicht nur an Festtagen, in den Marmorsaal und all die prächtigen Säle im ersten Stock gehen können.“ Milla wirbt dafür, auch das Erdgeschoss der Seitenflügel in die öffentlichen Nutzung einzubeziehen. Die Renovierung biete die einmalige Chance, einen „Ort des Zusammenhalts“ zu schaffen. Milla schwebt ein „Lern- und Dialogort der Demokratie und Freiheit“ vor.

Michael Hörrmann, Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten sieht weitet den Rahmen seinerseits. Wertvolles Mobiliar des Neuen Schlosses hat den Krieg überdauert (wir berichteten), Teile davon könnten an ihren angestammten Ort zurückgebracht und wichtige Räume, wie der Thronsaal und die Katharinenzimmer wieder hergestellt werden – eingebettet in den von Milla und anderen geforderten Lernort für Demokratie.

Die Sanierung wird nicht vor 2027 beendet sein

Armin Dellnitz, Chef von Stuttgart-Marketing, ist es wichtig, „an diesem Ort Geschichte zu erzählen und Identifikation zu schaffen“. Darüber hinaus würde er in den Seitenflügeln am liebsten ein Grandhotel untergebracht sehen. Konsensfähiger sind Vorschläge, das Neue Schloss mit den ihn umgebenden Einrichtungen, wie dem Landtag, dem Stadtpalais oder dem Hotel Silber zu vernetzen und kulturell zu bespielen. Nicht erst am Ende der Sanierung, mit der frühestens 2027 zu rechnen ist, sondern bereits während der Bauphase. Die Vorschläge der Zwischennutzung reichen von Baustellenkonzerten bis zu „Lesungen mit Staub an den Schuhen“.

Einvernehmen herrscht darüber, dass das den Bürgern gewidmete Schloss „ein Haus mit Haltung“ werden soll. Staatsrätin Erler hält es für wichtig, Kultur, Geschichte und Demokratieinhalte „klug zu mischen“. Sie stellt sich das Neue Schloss als „schlagendes Herz von Stadt und Land“ vor.

Der „Große Ratschlag“ zeigt: Ideen sprudeln reichlich. Im nächsten Schritt will das Staatsministerium die Vorschläge auswerten, veröffentlichen – und mit dem Finanzministerium abstimmen.