Des Rückhalts des Ministerpräsidenten kann sich Erler sicher sein. Sie kennt Winfried Kretschmann (Grüne) seit Anfang der 1980er Jahre. Sie liefen sich bei den Grünen über den Weg, genauer: sie trafen sich im ökolibertären Zirkel – Flügel wäre schon zu viel gesagt – der noch jungen Partei. Die Ökolibertären einte die Überzeugung, dass die Grünen sich mit ihren wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Konzepten nicht jenseits der Marktwirtschaft bewegen sollten. Parteiposten strebte Gisela Erler nie an, sie machte ihre eigenes Ding. Sie ist die Tochter von Fritz Erler, der in der SPD der 1950er und 1960er Jahre ein wichtiger Mann war – Oppositionsführer im Bundestag und potenzieller Kanzlerkandidat. Er starb aber früh an Krebs. Dass seine Tochter bei den Grünen andockte, hat mit einem gewissen, für diese Partei typischen Grundmisstrauen gegen Großorganisationen zu tun. Kollektive Interessenvertretung wird als wichtig akzeptiert, aber den kleineren Einheiten wird mehr Kreativität zugetraut. So sieht das auch Gisela Erler.

 

Wenn sie redet, ist die Sozialwissenschaftlerin deutlich herauszuhören. Dass das aber nicht nur theoretischer Bombast ist, dass sie vielmehr auch in der Praxis Bedeutendes zu leisten vermag, hat sie Anfang der 1990er Jahre bewiesen, als sie sich nach Jahren am Deutschen Jugendinstitut selbstständig machte und eine eigene Firma gründete, die Unternehmen vor allem, aber nicht allein in Sachen Kinderbetreuung Beratung und Hilfe zukommen lässt. Die „pme Familienservice“ mit 1300 Mitarbeitern betreibt nach Erlers Angaben inzwischen 80 Kinderkrippen. Viele Großkonzerne nehmen dieses Angebot in Anspruch. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist eines der Themen, die Erlers Weg bestimmten. Das beeindruckte auch Winfried Kretschmann, der sie im vergangenen Jahr als ehrenamtliche Staatsrätin mit Stimmrecht in sein Kabinett berief.