In der Frage, ob das ehemalige Wellenbad und der Campingplatz verkauft werden sollen, ist Adelberg gespalten. Am 10. November findet ein Bürgerentscheid statt. Die StZ lässt die beiden widerstreitenden Initiativen zu Wort kommen.

Adelberg - In einem sind sich wohl alle Adelberger einig, ganz gleich welchem Lager sie angehören, ob sie nun für oder gegen den möglichen Verkauf des stillgelegten Montemaris sind: „Es ist gut, wenn die Sache endlich mal entschieden ist.“ Das sagt sowohl Ahmet Papila, der sich in der Bürgerinitiative Attraktivität für Adelberg für den Verkauf des Erholungsparks an die Investorengruppe um den Geschäftsmann Wolfram Wäscher aus Friedrichshafen starkmacht, als auch Sabine Beißwenger, eine Sprecherin des Bürgerforums Adelberg für Adelberg, das sich vehement gegen diese Pläne stemmt.

 

Am 24. Oktober um 19 Uhr findet in der TSV-Halle eine Bürgerinformation statt. Zu Wort kommen sollen die Verwaltung, die Gemeinderäte, die Investoren und die beiden widerstreitenden Bürgerinitiativen.

1638 Adelberger dürfen mitbestimmen

Am Sonntag, 10. November, findet dann ein Bürgerentscheid statt. 1638 Adelberger von 16 Jahren an sind dazu aufgerufen. Die Mehrheit des Votums allein reicht nicht aus. Damit die Entscheidung bindend ist, müssen bei dieser Mehrheit mindestens 25 Prozent aller Stimmberechtigten ihr Kreuzchen gemacht haben, in Adelberg sind das mindestens 410. Entschieden wird die Frage: Soll die Gemeinde das Montemaris und den Campingplatz an die vorhandene Investorengruppe verkaufen?

Ein Zusatz besagt, dass das Gelände nicht unter Wert verkauft werden dürfe. Wie berichtet bieten Wäscher und Co insgesamt 850 000 Euro, rund 50 000 Euro mehr, als jener Wert, den unabhängige Gutachter ermittelt haben. Zu den für den klammen Gemeindehaushalt nach Ansicht der Bürgermeisterin Carmen Marquardt bitter notwendigen Einnahmen kommt, dass die Kommune sich künftig rund 100 000 Euro pro Jahr an Unterhaltskosten für die Brache sparen würde.

Bio-Vital-Park geplant

Wie berichtet planen die Investoren einen „Bio-Vital-Park“, ein Erholungs- und Freizeitzentrum mit Angeboten wie Sauna, Fitness, Wellness und Gesundheitsvorsorge inklusive Facharztleistungen, aber auch Indoor-Golf für Erwachsene. Der Campingplatz soll mit hochwertigen Wohnmobilstellplätzen und mobilen Ferienhäusern aufgerüstet werden. Rund 15 Millionen Euro wollen die möglichen neuen Besitzer dafür investieren.

Insgesamt soll Wäscher drei solcher Bio-Vital-Projekte planen, eines davon in Gomadingen bei Reutlingen, wo Wäscher mit anderen Gesellschaftern ein Feriendorf der evangelischen Gesamtkirchengemeinde Stuttgart übernehmen und dort 25 bis 30 Millionen Euro investieren will.


Eine große Chance

Pro - Die Bürgerinitiative Attraktivität für Adelberg wurde ins Leben gerufen, um eine überfällige Entscheidung im Gemeinderat einzufordern. Viele Bürger teilen nicht die ständigen Bedenken aus dem Adelberger Forum, welche jedes erstellte Gutachten ohne erkennbare Argumente infrage stellt.

Vielmehr vertrauen wir der Gemeindeverwaltung, die bestmöglichen Chancen für die Gemeinde auszuloten. Nach mehreren persönlichen Gesprächen mit dem Investor Wolfram Wäscher und eigener Recherche zu seinen Projekten sind wir zur Überzeugung gelangt, dass unsere Gemeindeverwaltung den richtigen Partner für dieses Projekt ausfindig gemacht hat.

Wir erhoffen uns, dass die Gemeinde zu alter Stärke zurückfindet. Dass heißt vor allem, dass man sich dem Haushaltsplan sachlich stellt und Lösungsmöglichkeiten für die Problemstellungen verfolgt, die sich daraus ergeben, anstatt endlos über Formalien und Nebensächlichkeiten zu diskutieren. Mit dem Investor bieten sich für Adelberg alle Chancen für die Herausforderungen, die in jeder Gemeinde von Jahr zu Jahr akuter werden, unter anderem dem Entgegenwirken der Folgen des demografischen Wandels!

Das bedeutet vor allem, dass wir den Menschen in der Gemeinde die Infrastruktur erhalten und sie verbessern wollen. Die Schließung der Postfiliale in Adelberg muss dafür als Warnsignal erkannt werden, und im Gegenzug muss die Chance erkannt werden, gemeinsam mit einem versierten Unternehmer für Tourismusprojekte die positive Wende anzugehen.

Was bedeutet es, wenn wir in dem kommenden Bürgerentscheid mit „Ja“ votieren? Wir vermeiden empfindliche Steuererhöhungen, wir erhalten die Selbstbestimmung der Gemeinde, und wir stärken unsere örtliche Infrastruktur. Dies sind nur einige Punkte, die sich unmittelbar daraus ergeben.

Aus nachweislichen Projekten mit Herrn Wäscher haben vor allem die Gemeinden selbst profitiert. Wir haben mit unserer Bürgerinitiative die Chance gesucht, dem Bürger selbst die Entscheidung über die Weichenstellung in die Hand zu geben. Mit dem Investor können wir auf den fahrenden Zug aufspringen. Ohne ihn aber verpassen wir als Gemeinde den Anschluss.

Deshalb wünschen wir uns eine hohe Wahlbeteiligung, damit die Entscheidung von allen Bürgern mitgetragen wird.

Der Autor

Ahmet Papila ist selbstständiger Unternehmensberater und wohnt seit Mai 2012 mit seiner in Adelberg aufgewachsenen Frau im Ort.


Ein großes Risiko

Kontra - Wir vom Forum Adelberg für Adelberg lehnen den Verkauf des Erholungsparks an die Investorengemeinschaft ab. Das Kaufpreisangebot für unser Wellenbad mit Grundstück, Liegewiese, Saunabereich, die Grundstücke des Spielelands und der Eishalle beträgt 150 000 Euro für rund 1,9 Hektar. Davon entfallen 50 000 Euro auf das Wellenbad-Areal mit einer Fläche von rund 14 500 Quadratmetern. Dies entspricht rund 3,50 Euro pro Quadratmeter! In den Jahren zuvor hat die Kommune noch rund 3,5 Millionen Euro in das Wellenbad investiert. Daraus besteht immer noch eine Restschuld von etwa zwei Millionen Euro. Diese müssen wir trotz des Verkaufs in den kommenden Jahren noch abtragen. Dazu stehen 50 000 Euro aus dem Verkauf in keinem Verhältnis.

Der Campingplatz ist das einzige und letzte große ortsnah gelegene und gemeindeeigene Grundstück mit Entwicklungspotenzial. Diese rund 6,7 Hektar große Fläche soll nun für etwas mehr als zehn Euro pro Quadratmeter über den Ladentisch gehen. Und das für eine fragwürdige touristische Nutzung, ein Feriendorf, das schon einmal, im Unteren Wasen, nicht funktioniert hat, und einen Campingplatz, den wir vor zwei Jahren geschlossen haben. Dagegen sind bei einer baulichen Nutzung von nur einem Drittel dieser gemeindeeigenen Fläche, die bereits teilerschlossen ist, Einnahmen von rund drei Millionen Euro zu realisieren. Geld, das direkt in die Gemeindekasse flösse und uns Einwohnern zugutekäme. Eine echte Chance für Adelberg, um auch noch in einigen Jahren finanziell handlungsfähig zu bleiben. Dazu steht das Angebot der Investorengruppe in keinem Verhältnis!

Überdies sind nicht alle Gesellschafter der Investorengruppe um Wolfram Wäscher bis jetzt, kurz vor der Abstimmung, bekannt. Dies ist für uns ein fragwürdiges Verhalten, da zwei der ursprünglichen Investoren bereits ausgestiegen sind. Nun stehen mehrere neue Investoren bereit, die nicht näher genannt werden wollen, darunter angeblich auch ein Adelberger Unternehmer. Und es gibt Referenzprojekte von Wolfram Wäscher in den Städten Winterberg, Leimen, Siegburg, Lüdinghausen, Hannover-Misburg, bei denen wir den bisherigen Verlauf sehr kritisch sehen.

Die Risiken sind für unser Adelberg zu groß. Deshalb sagen wir Nein zum Verkauf an die Investorengruppe.

Die Autorin

Sabine Beißwenger ist Diplom-Verwaltungswirtin und wohnt seit zwölf Jahren in Adelberg