Die SPD wirft den Befürwortern eines Neubaus der Stadtbücherei in Esslingen bewusste Irreführung und Angstmacherei vor.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Der Bürgerentscheid rückt näher, der Ton wird schärfer. Zwar betont der SPD-Fraktionschef im Esslinger Gemeinderat, Andreas Koch, dass es Ziel seiner Partei sei, die Bürger so sachlich wie möglich auf die Entscheidung am 10. Februar über den zukünftigen Standort der Bücherei vorzubereiten. Doch dann richten er und der kulturpolitische Sprecher der SPD, Richard Kramartschik – beide setzen sich für den Verbleib der Bücherei im Bebenhäuser Pfleghof ein – bei einer Pressekonferenz schwere Vorwürfe gegen die CDU, die FDP und die Grünen in Esslingen.

 

„Ein ziemlich grobes Foul“

Koch und Kramartschik werfen den drei Parteien, die sich für einen Neubau an der Küferstraße engagieren, nicht nur eine „verkürzte Darstellung der Problematik“, sondern auch „bewusste Irreführung der Bürgerschaft“ und ein „ungutes Spiel mit der Angst“ vor. Konkret bezieht sich Koch auf zwei Punkte. Dass der FDP-Chef Ulrich Fehrlen den Anhängern des Pfleghofs unterstelle, sie setzten sich aus „purer Nostalgie und Romantik“ für den Pfleghof ein, sei „ein ziemlich grobes Foul“. Vielmehr gehe es der SPD darum, Tradition und Moderne unter einem Dach zu vereinen. Fehrlen selbst fordere hingegen zur Traditionsvergessenheit auf, nach dem Motto „Altes ist an sich verstaubt, nur komplett Neues ist modern“. Das sei, so Koch, „für eine Stadt wie die unsere eine fatale Devise“.

Ein „ungutes Spiel mit der Angst bei Älteren, Gehbehinderten und Rollstuhlfahrern“ betrieben die Neubau-Befürworter mit der Plakataussage „Echte Barrierefreiheit ist nur in einem Neubau möglich.“ Dieser Satz sei nachweislich falsch. Schließlich habe der Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht erklärt, dass heutzutage Barrierefreiheit für öffentliche Gebäude „zwingend vorgeschrieben ist. Sie wäre auch am gegenwärtigen Standort der Bücherei realisierbar.“ Allerdings, das räumt die SPD ein, sei dazu ein „hoher finanzieller und baulicher Aufwand“ notwendig.

Hohe Kosten für die Nachnutzung

Der stehe aber, so Richard Kramartschik, in keinem Verhältnis zu den Kosten, die für eine Nachnutzung des Bebenhäuser Pfleghofs notwendig wären. In eine seriöse Betrachtung der Gesamtkosten gehören aus Sicht der SPD deshalb jene mindestens zehn Millionen Euro hinein, die notwendig seien, um den Pfleghof nach dem Auszug der Bücherei weiterhin den Bürgern zugänglich machen zu können. Wobei – da begibt sich Kramartschik seinerseits auf das Feld der Angstmacherei: Zwar gebe es einen Beschluss des aktuellen Gemeinderats, den Pfleghof auch in Zukunft öffentlich zu nutzen. An diesen sei ein neuer Gemeinderat aber nicht gebunden. Also sei es durchaus vorstellbar, dass in einigen Jahren das Gremium aus Kostengründen dem Verkauf des Pfleghofs zustimmen könnte.