Eine geplante Lärmschutzwand entlang der Bahngleise spaltet den Ort: 2015 lehnte der Gemeinderat den Bau ab – obwohl die Bahn die Kosten dafür tragen würde. Das ärgert seither viele Anwohner – die deshalb aktiv werden.

Walheim - Kurt Schober ist ein geduldiger Mann. Seit 64 Jahren lebt der Rentner in Walheim, in Sichtweite der Bahnstrecke, die mitten durch den Ort führt. Seit 64 Jahren rumpeln täglich Züge an Schobers Haus und an denen seiner Nachbarn vorbei und machen Krach. Viel ist deshalb in den vergangenen Jahren über Lärmschutz in Walheim diskutiert worden – doch geändert hat sich wenig. Deshalb ist Schober nun selbst aktiv geworden.

 

Wenn die Walheimer am 10. Juni über eine Lärmschutzwand entlang der Bahngleise abstimmen, geht das auf ein Bürgerbegehren der „Initiative für aktiven Lärmschutz“ zurück. Kurt Schober und seine Mitstreiter haben mehr als 300 Unterschriften gesammelt und so den Gemeinderat des 3000-Einwohner-Ortes gezwungen, einen Bürgerentscheid zu beschließen. „Sind Sie dafür, dass sich die Gemeinde Walheim dafür einsetzt, dass in der Ortslage von Walheim eine Lärmschutzwand entlang der Bahnlinie errichtet wird?“ wird auf den Stimmzetteln stehen. Wer für die Lärmschutzwand ist, stimmt mit Ja, wer dagegen ist, mit Nein.

Im Gemeinderat kommt es zu einem Patt

Es ist der letzte Versuch, einen Streit um die Wand zu schlichten. Der tobt schon seit Jahren – obwohl die Gemeinde die Baukosten von rund 2,5 Millionen Euro gar nicht tragen müsste. Das Geld stammt aus einem Topf des Bundes, der mehr als 150 Millionen Euro zur Verfügung stellt, um den Lärmschutz an bestehenden Bahnstrecken zu verbessern. Die Bahn treibt die Projekte im Auftrag des Verkehrsministeriums voran, auch in den Nachbarkommunen Besigheim und Kirchheim sind Lärmschutzmauern geplant, in Ludwigsburg und Kornwestheim stehen sie seit Jahren.

2015 machte die Bahn der Gemeinde Walheim das Angebot, rund einen Kilometer des Lärmschutzwalls zu errichten. Allein: Der Gemeinderat stimmte nicht zu, es kam zu einem Patt. Die Gegner führten vor allem zwei Gründe ins Feld: Eine hässliche Lärmschutzwand mitten im Ort würde zu einer Teilung führen. Und bei einer Umfrage dazu hatten sich 69 Walheimer gemeldet, eine knappe Mehrheit war gegen die Wand. Auch wird die Wirksamkeit des Walls von manchem Gegner bezweifelt.

Die Bahn besserte in der Folge ihr Angebot nach, wollte über die Höhe der Wand und transparente Module verhandeln, die eine schönere Optik bringen sollten. Auf der Gegenseite wurden Forderungen laut, wonach das Unternehmen zuerst ein Planfeststellungsverfahren starten solle, in dessen Verlauf die genaue Größe und Gestaltung der Wand bestimmt werden könnten. Anschließend werde man über den Bau entscheiden, so mancher Gemeinderat. Die Bahn lehnte ihrerseits wiederum ab, ohne einen Beschluss der Gemeinde weiterzuplanen – um nicht auf den Kosten für die Planfeststellung sitzenzubleiben.

Als vermeintlichen Ausweg brachte im Oktober 2017 der Bürgermeister Albrecht Dautel einen Bürgerentscheid ins Spiel. Die nötige Mehrheit von zwei Dritteln kam im Gemeinderat aber nicht zustande. Das war der Zeitpunkt, als Kurt Schober beschloss, zu handeln. Inzwischen sind er und Katharina Schmidt die Köpfe der Bürgerinitiative. Sie meinen: „Die Lärmschutzwand ist ein notwendiges Übel.“ Für Schober geht es bei dem Entscheid um die Wahl „zwischen Gesundheit oder Optik“.

Der Rathauschef Dautel stimmte 2015 für den Bau des Lärmschutzwalls. Ihm ist wichtig, „dass das Thema jetzt entschieden wird. Das Schlimmste wäre, wenn wir ohne irgendein Ergebnis dastehen.“

Auch Brücken würden saniert

Die Bahn hat zugesichert, sich an das Votum der Bürger zu halten: Bei einem Nein würde dann lediglich eine sogenannte passive Lärmsanierung kommen: Anwohner der Bahnstrecke könnten Lärmschutzfenster in ihre Häuser einbauen lassen und dafür einen Zuschuss von bis zu 75 Prozent erhalten. Bei einem positiven Ausgang des Entscheids würde die Bahn zusätzlich die Lärmschutzwand bauen und die beiden Bahnbrücken, die den meisten Lärm erzeugen, modernisieren und leiser machen.

Kurt Schober und seine Mitstreiter wollen deshalb bis zur Abstimmung im Juni weiter für ihre Seite werben: „Weil es mit der Wand im ganzen Ort ruhiger wird.“