Der Stuttgarter Luigi Pantisano gehört zu den 4000 Ehrengästen, die Bundespräsident Joachim Gauck zu seinem Bürgerfest in Berlin eingeladen hat.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Was haben der Rapper Afrob, die Radiomoderatorin Anneta Politi, die Polizistin Suzanna Grzincic und der Stuttgarter Architekt Luigi Pantisano gemeinsam? Ihre Namen lassen darauf schließen, dass sie etwas besitzen, was neudeutsch „Migrationshintergrund“ heißt. Alle vier werben mit ihren Namen, ihren Gesichtern und ihrer Lebensgeschichte für die Einbürgerungskampagne der Landesregierung. Pantisano hat den anderen aber etwas voraus: Er war am Freitagabend in Schloss Bellevue zu Gast. Pantisano und seine Frau Kristina sind zwei von 4000 Ehrengästen, die Bundespräsident Joachim Gauck zu seinem Bürgerfest eingeladen hat.

 

Seit Gauck das höchste Staatsamt bekleidet, feiert er das traditionelle Sommerfest im Schlosspark nicht mehr exklusiv mit Politikern, Diplomaten und Repräsentanten des gesellschaftlichen Lebens. Er lädt vielmehr Bürger ein, „die sich in besonderer Weise für andere Menschen oder gesellschaftliche Anliegen einsetzen“. Zur Idee gehört, dass sich zahlreiche Initiativen, Organisationen und Unternehmen mit ihrer ehrenamtlichen Arbeit präsentieren. Darunter sind Projekte, die jungen Flüchtlingen über Bildungsangebote die gesellschaftliche Teilhabe erleichtern, die den Alltag von demenzkranken Menschen verbessern oder die psychosoziale Hilfe für Überlebende der Shoah und ihre Familien bieten. Luigi Pantisano wurde von der Staatskanzlei des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann für Gaucks Gästeliste vorgeschlagen. Der 36-jährige Mann mit italienischen Wurzeln hatte sich lange in Konstanz als Quartiermanager engagiert und dort auch einen Nachbarschaftsverein gegründet.

Ein Zeichen des Widerstands gegen die Neonazis

In seiner Geburtsstadt Waiblingen hat er die Jugendkulturwoche „Bunt statt Braun“ ins Leben gerufen. Das Projekt ist hoch aktuell. Es ist vor zehn Jahren entstanden, nachdem die Nachwuchsriege der rechtsextremistischen NPD Propaganda-CDs auf Schulhöfen verteilt hatte. Pantisano, der „selbst diskriminierende Erfahrungen“ an der Berufsschule gemacht hat, fühlte sich von der braunen Reklame provoziert und wollte ein Zeichen des Widerstands setzen. Ziel seines Jugendkulturprojekts war es, „eine Veränderung in den Köpfen hin zum Wacher-Sein und weniger leicht Verführbar-Sein zu bewirken“. So hat Pantisano in einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung einmal seine Motivation umschrieben. Inzwischen beteiligen sich an der Veranstaltungsreihe mit Workshops, Theaterstücken und Filmen mehr als 1000 Schüler.

Pantisano, der inzwischen ein Architekturstudium absolviert hat, arbeitet im Stuttgarter Rathaus als Fraktionsgeschäftsführer der Wählergruppe „Stuttgart Ökologisch Sozial“ (SÖS). Zuvor war er am Städtebau-Institut der Universität Stuttgart beschäftigt. 2013 hat er eine Dissertation zum Thema „Heimat und Herkunft“ über die Migration italienischer Gastarbeiter nach Deutschland begonnen. Seinen Gastgeber Gauck schätzt er, weil der in seinen Reden eine „sehr zupackende Begrifflichkeit“ verwende. Besonders imponiert hat ihm das präsidiale Bild vom hellen und vom dunklen Deutschland. Beim Bürgerfest in Schloss Bellevue war das helle Deutschland versammelt – im Dunkeln.