Die Landesregierung will mit einem Bürgerforum für ihre Corona-Politik werben. Das stößt im Landtag an hoher Stelle auf Bedenken.

Stuttgart - Letztens im Landtag kündigte Winfried Kretschmann an, ein Bürgerforum Corona ins Leben rufen zu wollen. Der Ministerpräsident reagierte damit auf den Vorwurf, in der Corona-Krise mit einer Politik der Dekrete auf dünner legitimatorischer Basis zu agieren. „Gehört werden gilt auch in schwierigen Zeiten“, beteuerte der Grünen-Politiker. Am Dienstag will das Kabinett die Rechtsgrundlage für ein solches Berater-Gremium legen, dann präsentiert Staatsrätin Gisela Erler (Grüne) einen Gesetzentwurf über die „dialogische Bürgerbeteiligung“. Darin wird auf Drängen des Landesdatenschutzbeauftragten abgesichert, dass die Landesregierung über die Melderegister Zufallsbürger für das Bürgerforum rekrutieren kann. Erfahrungen damit gibt es. So hatte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) im Streit um die Altersversorgung der Abgeordneten eine Expertenkommission eingesetzt und dieser ein Bürgerforum beigesellt, dessen Mitglieder über ein Zufallsverfahren ausgewählt wurden. Die Runde von „Normalos“ hatte Anteil daran, dass die Abgeordneten ihre Ansprüche nicht überzogen. Dieses Bürgerforum war beim Landtag angesiedelt, das neue Bürgerforum zur Corona-Krise wird vom Staatsministerium initiiert. Ein Umstand, der Landtagsvizepräsidentin Sabine Kurtz (CDU) irritiert. Ihr Punkt: Dass die Regierungen in Bund und Ländern in der Corona-Krise an den Parlamenten vorbei regieren, wird immer stärker problematisiert. Doch nun, wo sich die Landesregierung eine breitere Legitimationsbasis für ihre Corona-Politik verschaffen will, tut sie das wieder am Parlament vorbei.