Am Freitagnachmittag hat erstmals das Bürgerforum die Pläne zur Opernsanierung diskutiert. Überraschungsgast: Wieland Backes vom Verein Aufbruch Stuttgart.

Stuttgart - Der häufigste Satz an diesem Nachmittag heißt nicht: Das Stuttgarter Opernhaus muss dringend saniert werden. Er heißt, obwohl überraschend auch Wieland Backes vom Verein Aufbruch Stuttgart seinen Plan B zu den Ideen von Stadt und Land vorgestellt hat, auch nicht: Die Oper muss maßvoll saniert und das ganze Kulturquartier zusammengedacht werden. Sondern er lautet: Könnten Sie jetzt bitte Ihr Mikrofon anschalten. Die von der Staatsrätin für Bürgerbeteiligung und Zivilgesellschaft Gisela Erler (Grüne) angeregte Veranstaltung, in der sich 57 zufällig ausgewählte Bürger von Stadt und Region mit Gründen und Aspekten der Sanierung beschäftigen, findet Corona-bedingt in einem virtuellen Chatroom statt, und nicht jeder der Teilnehmer zwischen 19 und 85 Jahren hat schon Erfahrung mit den dort herrschenden Voraussetzungen.

 

Aber das wird sich finden – schließlich werden dem Auftakt vier weitere Zusammenkünfte folgen, bis es im Dezember zu einem Votum der beteiligten Bürger kommen soll. „Wir werden“, betont Erler, „dieses Votum wie ein ranghohes Gutachten behandeln – sollten wir etwas darin nicht umsetzen, dann werden wir das mit guten Argumenten begründen.“ Schließlich solle von dieser Veranstaltung auch „ein Zeichen der Versöhnung in die Stadtgesellschaft ausgehen“. Und: „Wir wollten nicht, dass die Opernsanierung im Schlafwagen an den Bürgern vorbeifährt.“

Am ersten Tag ging es um Arbeitsbedingungen und Bedeutung des Hauses

Jetzt beleuchteten zunächst Kurzvorträge der politisch Verantwortlichen von Stadt und Land die Grundlagen des Themas: nämlich die Arbeitsbedingungen und die Bedeutung des Hauses. Die Kulturstaatssekretärin Petra Olschowski („Es geht nicht um eine Luxussanierung, sondern darum, eine Basis zu schaffen, auf der die 1400 Menschen im Haus vernünftig arbeiten können“) machte sich für einen „modernen Begegnungsort“ stark, der sich in die Stadt öffnet, und betonte, dass die für Sanierung und Interim veranschlagte Summe von einer Milliarde Euro zu etwa der Hälfte nur aus einem Puffer für Baukostensteigerungen bestünde. An der Notwendigkeit der Sanierung, an den Erweiterungsplänen für das Opernhaus und an der avisierten Interimsspielstätte bei den Wagenhallen rüttelte Olschowski ebenso wenig wie Stuttgarts Erster Bürgermeister Fabian Mayer, der sich mit einem Video zu Wort meldete: Die Sanierung und auch die Idee einer Kreuzbühne seien „kein Wünschdirwas der Hochkultur“, und im Übrigen habe die Stadt schon mal 200 000 Euro für diese „wirklich durchdachte Lösung“ zur Seite gelegt.

Und der Plan B? „Die Bürger“, so Wieland Backes, der das Verfahren im Vorfeld als nicht ergebnisoffen und zu spät abgelehnt hatte, „verdienen Informationen, die auch die andere Seite beleuchtet.“ Backes legte die Ideen seines Vereins Aufbruch Stuttgart dar, betonte die Risiken eines Kreuzbühnen-Einbaus, forderte ein nachhaltigeres Interimskonzept und betonte ansonsten, aus seiner Sicht sei dieses „schnell durchgewunkene“ Beteiligungsverfahren nur Augenwischerei. „Wir“, schloss er, „sind die einzige kritische Instanz.“

Fragen? Viele. Zum Geld, zur Kreuzbühne, zur Gastronomie, zu den Arbeitsbedingungen im Opernhaus. Antworten kamen von den Intendanten Marc-Oliver Hendriks (Geschäftsführung) und Viktor Schoner (Oper), von der Altistin Stine Marie Fischer. Antje Grobe moderierte mit Übersicht, forderte von den Verantwortlichen für die nächste Sitzung konkrete Zahlen ein. Ein Bürger forderte eine Pro-und-Kontra-Liste zu Plan A und Plan B. Am 30. Oktober wird es um Kosten und Standorte gehen. Die Kurzvorträge des ersten Tages werden demnächst zum Nachhören ins Netz gestellt.