Mehr Radwege, weniger Radwege, Garagen für die Fahrräder, aber auch mehr Parkplätze – das Gros der Vorschläge zum Bürgerhaushalt für den Stuttgarter Westen dreht sich um Mobilität und Verkehr.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-West - Ein Badeschiff auf dem Feuersee, Kotztüten in den Bahnen während der Wasenzeit oder eine Rutsche vom Teehaus in den Weißenburgpark – manche Vorschläge, die beim Stuttgarter Bürgerhaushalt eingegangen sind, sind vielleicht nicht immer ganz ernst gemeint. Auch immer ein Klassiker: Seilbahnen vom Killesberg oder Degerloch in die Stadt hinunter. Das würde zwar den Verkehrsdruck im Kessel durchaus entlasen, doch die Realisierung dieser Träume ist eher fraglich.

 

Doch was bewegt die Menschen in der Stadt? Die meisten Vorschläge drehen sich tatsächlich um Mobilität und Verkehr, dahinter rangiert gleich „mehr Grün in der Stadt“. Bereits zum fünften Mal dürfen Stuttgarter ihre Wünsche für die städtischen Haushaltsberatungen einbringen. Seit dem Jahr 2011 findet alle zwei Jahre der Stuttgarter Bürgerhaushalt statt. Die Vorschlagsphase ist nun seit letzter Woche abgeschlossen.

Vom 12. März bis 1. April können alle Stuttgarter die Vorschläge bewerten. Die Verwaltung prüft dann die 100 Vorschläge mit den meisten Stimmen, darunter mindestens zwei aus jedem Bezirk. Ende des Jahres entscheidet dann der Gemeinderat, was davon umgesetzt wird. Die drei Sieger aus dem Jahr 2017 – einen Kunstrasenplatz für den SV Möhringen, ein Neubauprojekt für das Geschwister-Scholl-Gymnasium in Sillenbuch und die Verlängerung der Buslinie 65 von Plieningen bis Flughafen/Messe – werden zumindest in Teilen derzeit verwirklicht.

Verkehr und mehr Bäume sind die dringlichsten Forderungen

Für den Stuttgarter Westen – wen wundert es – drehen sich die Vorschläge hauptsächlich um den Verkehr und um mehr Begrünung. „Parkplätze abschaffen“ fordert zum Beispiel eine Bürgerin rigoros. Sie wünscht sich gerade entlang der Schwabstraße sowie Gutenberg-/Augusten- und Reinsburgstraße viel mehr Platz für Fußgänger. In den Kommentaren zu dem Vorschlag erhält sie Bestätigung: „In der Stadt ist der Besitz eines PKWs obsolet und geht nur auf Kosten wertvoller Aufenthaltsqualität“, schreibt jemand dazu.

Ein anderer Bürger fordert in seinem Vorschlag, die Parkplätze einfach noch teurer zu machen, um „weniger Anreize für den Autobesitz in Stuttgart-West zu schaffen“. Andere sehen die Lösung gegen die Verkehrsdichte im Westen im Ausbau des Nahverkehrs, wie zum Beispiel einer „Tangentialbuslinie West“, quasi einer Expressbuslinie von Feuerbach über Botnang und den Westen in Richtung Vaihingen, weil dies eine beliebte Pendlerstrecke ist.

Fahrradstraße, Fahrradgaragen, Fußgängerbrücke – die Westler wollen weniger Autos

Einige fordern auch „mehr Fahradstraßen im Westen einrichten“ oder endlich mit der Umsetzung der geplanten Fahrradgaragen zu beginnen. Viele Vorschläge beziehen sich auch auf einzelnen Projekte wie einen Zebrastreifen an der Schwabstraße oder eine Fußgängerbrücke am Birkenkopf sowie eine Durchfahrtsunterbrechung der Breitscheidtstraße, da dies während der Bauzeit der „Rosenberghöfe“ ja auch geklappt hätte. Der Bürger sieht darin eine Aufwertung der Silcheranlage und wünscht sich dort einen „neue belebte Ecke“.

Nicht alle Bürger schätzen aber die unzähligen „belebten Ecken“ im Westen. So fordert ein Anwohner des Bismarckplatz „Schutz der Nachbarn vor den Gastronomiebetrieben“. Er beklagt, die Nachbarn dort müssten von den Kneipen viel ertragen „wegen nächtlicher Lärmbelästigung durch laute Gäste, Lüftungsanlagen und nächtliche Aufräum- und Putzarbeiten“. In den Kommentaren zu dem Vorschlag bezeichnen andere gar das Amt für öffentliche Ordnung als „Abteilung der Gastronomielobby“. Der Bismarckplatz ist insgesamt öfters Thema der Vorschläge, die allerdings sehr konträr sind. Während ein Bürger die Umgestaltung begrüßt und sich gegen eine Fortführung der Vogelsangstraße zur Schwab- oder Bebelstraße ausspricht. Zudem ist er dagegen, für die Neugestaltung, Bäume zu fällen und fordert sogar „den Grünbestand zu erhöhen“.

Bezirksbeirat wettert gegen den Umbau des Bismarckplatzes

Rolf-Peter H. Kress, Bezirksbeirat im Westen für die AfD, fordert, den „Umbau des Bismarckplatzes sofort stoppen“. So widersprechen seiner Ansicht nach die Pläne den „Bedürfnissen der Anwohner und der Klimatologie“. Er wirft dem Bezirksbeirat vor, sich nicht um die Anwohner „zu kümmern“. In den Kommentaren zu dem Vorschlag, sind die meisten jedoch gegen seinen Vorschlag. Dort heißt es, Kress spreche nicht „für die Anwohner, sondern für sich selbst“. Auch das Bürgerbeteiligungsverfahren wird dort als „geradezu vorbildlich“ gelobt.

Auch die Forderung, die „Johannesstraße zur Flaniermeile“ umzugestalten, kommt in den Kommentaren darunter nicht besonders gut an. Die Straße sei bereits „in der Tat eine der schönsten Straßen Stuttgarts“ und könne deshalb einfach so gelassen werden wie sie ist. Sie brauche keinen weiteren Flaniercharakter.

Und letztlich wünschen sich die „Kinder vom Lerchenplätzle“ dort ein schöneres Umfeld, um „Laufrad zu fahren, Hüpfkästchen auf den Asphalt malen oder mehr als zehn Meter zu rennen“. Der obere Teil der Johannesstraße sei „sträflich vernachlässigt worden“, man habe dort ein „trauriges Ensemble in Beton, das den Namen ‚Spielfläche‘ nicht verdient“.

Die Lösung für alle Probleme: Keine Bürger mehr in der Stadt

So mancher Bürger scheint das mit dem Haushalt für die Bürger nicht ganz verstanden zu haben – er möchte die Bürger Stuttgarts nämlich am liebsten loswerden. Der Vorschlag mit der Nummer 50134 von dem Menschen, der sich „baersen“ nennt ist, eine „Wegzusprämie für Familien, die mit ihren Kindern raus aus Stuttgart ziehen“. Wenngleich er seinen Vorschlag als „kostenneutral“ einstuft, schlägt er eine Prämie in Höhe von 75 000 Euro pro Kind unter 18 Jahren vor. Selbstverständlich hat der Mensch aber einen pfiffigen Vorschlag, wie das Projekt mit kaum Kosten stemmbar ist: „Finanziert wird dies durch die Einsparung von Kindergärten und Schulen. Spielplätze können in bewirtschafteten Parkraum umgestaltet werden.“