Anfang Juli ist das Polizeipräsidium für Technik, Logistik und Service auf das Telekom-Areal in Bad Cannstatt gezogen. Stacheldraht und Kameras wurden von Anfang an von den Anwohnern kritisiert. Jetzt haben die Betroffenen eine Bürgerinitiative gegründet.

Bad Cannstatt - Die Empörung über das neue Präsidium für Technik, Logistik und Service der Polizei auf dem Seelberg ebbt nicht ab. Die Bewohner der angrenzenden Häuser laufen nach wie vor Sturm. Sie wollen keinen Stacheldrahtzaun und keine Kameras vor ihren Fenstern und Balkonen. Sie kritisieren, dass Bäume gefällt und die sonst so grüne Grundstücksgrenze kahlgeschnitten wurde (wir berichteten).

 

Im Dunkeln sei ein rotes Lämpchen zu erkennen

Einige Betroffene haben sich jetzt zu der Initiative „Wohnen auf dem Seelberg – ohne Stacheldraht und Kameraüberwachung“ zusammengeschlossen. Sie sammeln Unterschiften, sowohl auf der Straße als auch im Internet. Rund 250 Unterstützer haben sie nach eigener Aussage bereits gefunden. Wenn die 500er-Marke geknackt ist, wollen sich die Betroffenen an den Oberbürgermeister Fritz Kuhn wenden. Wie massiv sie sich von den Sicherheitsvorkehrungen des neuen Polizeipräsidiums auf dem Telekom-Areal gestört fühlen, wollten die Anwohner am vergangenen Mittwoch noch einmal bei einem Presserundgang deutlich machen. Ute Klotz, die seit 43 Jahren mit ihrer Familie an der Wildunger Straße wohnt, stellte hierfür ihren Balkon zur Verfügung. Das Ehepaar fühlt sich beobachtet, nur wenige Meter von dem Balkon entfernt steht eine der fünf 360-Grad-Kameras.

Dass Udo Vogel, der Präsident des Präsidiums, kürzlich im Bezirksbeirat erklärte, dass die Kamera-Anlage so programmiert sei, dass das Bild in öffentlichen Bereichen grau werde, beruhigt die Nachbarn nicht. „Das reicht uns nicht“, sagte ein Anwohner. Schließlich könne so eine Vorkehrung jederzeit missbraucht werden. Auch an der Aussage des Präsidiumspräsidenten, dass die Kameras erst in Betrieb genommen würden, wenn sie vom Landesdatenschutzbeauftragten geprüft worden seien, haben die Anwohner ihre Zweifel. Sie befürchten, dass die Kameras bereits eingeschaltet sind. Im Dunkeln sei ein rotes Lämpchen zu erkennen, berichtete Brigitte Schreiner. Sie sitzt für die Grünen-Fraktion im Bezirksbeirat und wohnt selbst im Quartier. Nach wie vor wird von den Nachbarn auch die Informationspolitik des Präsidiums kritisiert. Sie hätten sich gewünscht, dass man im Vorfeld mit ihnen gesprochen hätte. „Wir waren null informiert“, sagte Anwohnerin Ines Aspacher. Erst nachdem alles fertig war, hätten sie ein Flugblatt erhalten. Die Anwohner verstehen nicht, warum sie auf Kameras und Stacheldraht blicken müssen, während in den öffentlich zugänglichen Bereichen, an der Kissinger und der Nauheimer Straße, Sicherheitsfenster eingebaut wurden. Das hätten sie sich auch für den Innenhof gewünscht.

Ausstattung mit einbruchhemmenden Türen und Fenstern

Auf Nachfrage versichert das Präsidium, dass es die Anliegen der Anwohner ernst nehme und bereits folgende Maßnahmen eingeleitet habe: Einbindung des Landesdatenschutzbeauftragten, Abschaltung der Kameras bis zur Klärung der Gesamtthematik sowie eine kritische Prüfung des derzeitigen Sicherheitskonzeptes. Eine theoretische Alternative zu den Kameras wäre laut Bernd Horvath vom Präsidium die Ausstattung mit einbruchhemmenden Türen und Fenstern. Bei dieser Maßnahme müssten aber nicht nur alle Fenster der betroffenen Gebäudeteile ausgetauscht, sondern die Räume auch mit einer Klimatisierung ausgestattet werden. Insgesamt wäre das deutlich teurer, so Horvath. Dennoch würden momentan Kostenvoranschläge, auch für die Ausstattung mit einbruchhemmenden Türen und Fenstern, eingeholt. Da die Erhebung noch nicht abgeschlossen sei, könne man noch keine Angaben über die möglichen Kosten machen. Man arbeite zusammen mit dem Vermieter, den Vertretern von Vermögen und Bau Baden-Württemberg und den Experten des Landeskriminalamtes an konstruktiven Lösungen, die sowohl die Interessen der Anwohner als auch die Sicherheitsanforderungen angemessen berücksichtigen.