Für seine Verdienste für die Gemeinde bekommt Ulrich Freiherr von Varnbüler die Hemminger Bürgermedaille verliehen. Eine Kontroverse ist damit aber noch nicht ausgeräumt.

Hemmingen - Die Bürgermedaille Hemmingens ist die höchste Auszeichnung der Strohgäugemeinde – nur fünf Personen wurde bislang diese Ehre zuteil. Seit dem Samstag gibt es einen sechsten Träger: Ulrich Freiherr von Varnbüler von und zu Hemmingen – oder, wie der Baron inoffiziell im Ort auch genannt wird: die „graue Eminenz Hemmingens“. Denn auch wenn der Adelige mittlerweile im Bayerischen am Chiemsee wohnt, ist er seiner Heimatgemeinde stets verbunden geblieben. Und er wirkt bis heute in die Gemeindepolitik hinein, auch durch eine Stiftung, die den Zweck hat, das Gemeinschaftsleben in Hemmingen zu stärken.

 

Ein anderes, für die Kommune weniger erfreuliches Beispiel ist die Auseinandersetzung um das Neubaugebiet Hälde/Herzengrund, wo die Gemeinde, damals noch unter dem Bürgermeister Werner Nafz, gerne ein Grundstück des Freiherrs erworben hätte. Der wollte aber nicht verkaufen. Und so fiel die Entwicklung kleiner aus als geplant, der Bau verzögerte sich, Landeszuschüsse gingen verloren. Doch von dieser Kontroverse wurde am feierlichen Anlass am Samstag nicht gesprochen.

Der Baron bekommt die Auszeichnung in seinen eigenen vier Wänden

Die Verleihung fand im Hemminger Schloss statt, das seit 1985 auch das Rathaus der Gemeinde ist. Diese hat das Anwesen von Varnbüler gemietet, zu sehr günstigen Konditionen, wie es heißt. Der Freiherr hat die Auszeichnung also so gesehen in seinen eigenen vier Wänden entgegennehmen können.

Der Bürgermeister Thomas Schäfer zog in seiner Rede Parallelen zum ersten Hemminger Varnbüler, Johann Konrad, der bei den Verhandlungen zum Westfälischen Frieden 1648 dazu beitrug, dass Württemberg keine Gebietsverluste erlitt. Er galt fortan als „Retter des Vaterlandes“. Zur Belohnung gab es vom Württembergischen Herzog das Lehen Hemmingen. Damit begann die Verbindung des Adelsgeschlechts mit der Strohgäugemeinde.

Varnbüler habe Hemmingens Selbstständigkeit bewahrt, heißt es

Den Ausgezeichneten bezeichnete Schäfer als „Retter der Selbstständigkeit“, denn dessen Entscheidung in den 60er Jahren, seinen Gutshof gegenüber des Schlosses auszusiedeln, ermöglichte der Gemeinde ein Wohnungsbau-Großprojekt, das die Einwohnerzahl über die magische Grenze von 5000 katapultierte – darunter hätte die Eingemeindung nach Schwieberdingen oder Korntal und damit der Verlust der Selbstständigkeit gedroht.

Der Baron gab sich in seiner Ansprache vor knapp 60 Gästen indes bescheiden: „Ich versuche meiner Gemeinde, die mir Heimat ist, etwas zurück zu geben.“ Sichtlich gerührt sprach er weiter: „Ich hoffe, dass meine Tochter und meine Enkel diese Tradition fortsetzen.“ Bislang ist nicht klar, was die Erben Varnbülers eines Tages mit dem vielen Grundbesitz im Ort anfangen werden: Unbestätigten Schätzungen zufolge gehören dem 91-Jährigen knapp zehn Prozent der Fläche Hemmingens.