Seit hundert Tagen ist Vitali Klitschko Bürgermeister von Kiew. Nicht nur die Landsleute mögen den früheren Boxchampion, der in Revolutionstagen zum Staatsmann gereift ist. Auch bei westlichen Politikern ist er als Gesprächspartner sehr gefragt.

Kiew - Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko ist in der ukrainischen Hauptstadt sehr beliebt. Die Menschen mögen ihn, weil er als Sportler große Erfolge errungen hat, die auf sie abgefärbt haben. An diesem Freitag ist „Dr. Eisenfaust“ 100 Tage Bürgermeister von Kiew. Den Tag verbringt er allerdings mit einem Arbeitsbesuch in Berlin, wo ihm ein Medienpreis verliehen wird und wo er – in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung – über seine Marschroute für die Ukraine sprechen will. Berlin ist sein Vorbild, denn Klitschko hat den Bürgern versprochen, aus der Vier-Millionen-Stadt Kiew eine europäische Metropole zu machen.

 

Die Konrad-Adenauer-Stiftung hatte schon 2010 intensiv damit begonnen, die Partei Klitschkos und den Sportstar zu begleiten. Der heute 43-Jährige, so hofften die Berater im Westen, sollte eine Spitzenrolle in der ukrainischen Politik spielen. Klitschko weiß, dass er ohne die aktive Unterstützung seiner Partner im Westen daheim nichts verändern kann. Zu stark sind die Widerstände derer, die sich seit 20 Jahren im System von Korruption und Vetternwirtschaft eingerichtet haben und prächtig daran verdienen – einige von ihnen sind Multimilliardäre geworden.

Blumenbeete statt Barrikaden

Wenn es nach dieser Gruppe ginge, wäre Klitschko nie zum Bürgermeister gewählt worden. Doch hatte er Ende Mai mit seiner Partei Udar, zu Deutsch „Der Schlag“, auf Anhieb fast 56 Prozent der Stimmen geholt. Die meisten Bürger wussten, dass er politisch unerfahren war, vertrauten aber auf seine Stärken. Nun zeigt eine Umfrage des renommierten Razumkow-Centers, dass die Mehrheit der Befragten auch fast vier Monate nach der Wahl in dem Stadtoberhaupt einen durchsetzungsstarken, erfolgreichen und im Ausland gut vernetzten Mann sieht. Dem Rathaus sieht man schon nicht mehr an, dass bis Ende Mai Demonstranten den Amtssitz monatelang besetzt hielten. Vor dem Gebäude wurden Pflastersteine erneuert und Blumenbeete bepflanzt. In dem stalinistischen Bau der fünfziger Jahre sind das Parkett und die Stuckdecken größtenteils wiederhergestellt. Der Zwei-Meter-Mann ist stolz auf die Aufbauarbeiten: „Bei den Renovierungsarbeiten am Rathaus haben sich auch die Angestellten beteiligt“, lobt Klitschko. „Im Juni und Juli haben sie Wände und Decken gestrichen.“