Am Mittwoch haben sich Bund und Länder beim Flüchtlingsgipfel darauf verständigt, eine Milliarde mehr an die Kommunen zu zahlen. Bürgermeister von Ditzingen bis Weil der Stadt sehen Nachbesserungsbedarf.

Volontäre: Annika Mayer (may)

Beim Flüchtlingsgipfel am Mittwoch haben sich Bund und Länder darauf geeinigt, dass die Kommunen eine Milliarde Euro mehr erhalten, um sie bei der Aufnahme von Geflüchteten zu unterstützen.

 

Cohn: Ein Schritt in die richtige Richtung

Der Leonberger Oberbürgermeister Martin Georg Cohn (SPD) bezeichnet das Ergebnis des Gipfels als „erster Schritt in die richtige Richtung“: Es sei ein Zeichen, dass die Bundesregierung die schwierige Situation der Kommunen anerkenne. Ob die Milliarde reiche, werde sich noch zeigen: „Bei Bedarf muss es auch weitere finanzielle Mittel für die Kommunen geben.“

Leonberg könne die Unterbringung der Geflüchteten zwar noch tragen, aber auch hier besteht die Sorge, dass der Platz knapp werden könnte. „Die Kommunen benötigen neben der Finanzierung durch Bund und Land dringend eine Gesetzesänderung im Baurecht, um schnell und unbürokratisch Flüchtlingsunterkünfte bauen zu können“, sagt der Leonberger OB. Menschen alternativ, beispielsweise in Hallen, unterzubringen, müsse unbedingt vermieden werden.

Katz: So kann es im nächsten Jahr nicht weitergehen

„Der Bund hat die Probleme der Kommune viel zu spät anerkannt“, sagt Jürgen Katz, der Erster Beigeordnete in Weil der Stadt. „Wir hier unten in der Nahrungskette sind an der Grenze des Leistbaren.“

Ob das, was von der zusätzlichen Milliarde bei ihnen in Weil der Stadt letztendlich ankomme, ausreicht, könne er noch nicht beurteilen. Die Baukosten seien extrem gestiegen und damit der Bau neuer Einrichtungen teuer. Für dieses Jahr sei die Unterbringung der Geflüchteten in Weil der Stadt noch gesichert. „Aber wenn es nächstes Jahr so weitergeht, haben wir ein echtes Problem“, so Katz.

Die Bürgermeisterin von Rutesheim, Susanne Widmaier, ist mit dem Ergebnis des Gipfels insgesamt unglücklich. „Das ist weit entfernt davon, was wir uns wünschen.“ Zwar sei es gut, dass Bund und Länder überhaupt zu einem Ergebnis gekommen seien und dass die Kommunen mehr Geld bekommen. Auf die einzelnen Städte und Gemeinden heruntergebrochen sei die Milliarde aber schnell weg. „Das ist ein Tropfen auf die heiße Herdplatte“, so Widmaier. „Es geht nicht nur um das Geld, sondern auch darum, wie viele Menschen noch kommen. Wir Kommunen können nicht mehr bewältigen.“ Wenn es weitergehe wie bisher, komme in Rutesheim nicht nur der Wohnraum, sondern die gesamte Infrastruktur – zum Beispiel Kindergärten, Schulen und Ärzte – an ihre Grenzen.

Das Geld löst nicht alle Probleme

Als „bittersüßes Ergebnis“ bezeichnet der Ditzinger Oberbürgermeister Michael Makurath die Beschlüsse des Flüchtlingsgipfels: „Das Geld heilt manche Probleme, aber nicht alle.“ Vor allem die Unterbringung der Geflüchteten sei auch für Ditzingen ein drängendes Problem. Die Notunterkünfte in der Stadt sind laut dem Oberbürgermeister noch belegt durch Menschen, die 2015 und 2016 zugewandert sind.

Durch die neuankommenden Geflüchteten aus der Ukraine und anderen Teilen der Welt steige jetzt der Druck, Wohnraum zu bekommen. „Wir wollen vermeiden, Menschen in Sporthallen unterzubringen in Hinblick auf ihre Integration und die Akzeptanz in der Bevölkerung“, sagt der Ditzinger Oberbürgermeister.

Michael Makurath und Susanne Widmaier wünschen sich mehr Sicherheit und Planbarkeit in Bezug darauf, wie viele Menschen in den Kommunen ankommen. Dafür brauche es zum einen eine Steuerung und gleichmäßige Verteilung der Menschen auf europäischer Ebene, so die beiden Bürgermeister.

Zum anderen müsse die Heimreise für Personen ohne Bleiberecht gesichert sein. „In den Kommunen sollten nur Menschen ankommen, die eine gute Bleibeperspektive haben“, erläutert Widmaier. „Wir brauchen Migration, aber sie muss geordnet ablaufen“, fordert Makurath. Auch Jürgen Katz wünscht sich eine bessere Steuerung: „Wir haben im Moment nicht das Gefühl, dass jemand Einfluss auf die Verteilungsmenge hat.“