In die Diskussion über den Standort für eine neue Erddeponie ist mit dem Aussetzen des Suchlaufs nur vordergründig Ruhe eingekehrt. Der Hemminger Bürgermeister Thomas Schäfer schließt nicht aus, dass die Gemeinde nun erst recht in den Fokus gerät.

Wo wird die Erddeponie angelegt? Bis dies beantwortet ist, könnte die bestehende in Schwieberdingen länger offen bleiben. Für den Hemminger Bürgermeister Thomas Schäfer wäre diese Entscheidung des Betreibers AVL kaum eine Option.

 

Herr Schäfer, wie geht es Ihnen? Gibt es in Hemmingen derzeit überhaupt noch ein anderes Thema als die Deponie?

Ja, trotz einer nicht zu verleugnenden „Krisenmüdigkeit“ gibt es auch andere Themen: Wir hatten jüngst unsere Klausurtagung mit dem Gemeinderat, bei der das Thema „Wie viel soll Hemmingen noch wachsen?“ einen zentralen Part einnahm. Und wir sind jetzt am Beginn der Haushaltsplanberatungen. Das heißt, wir beschäftigten uns mit wichtigen Themen für die nähere und fernere Zukunft der Gemeinde.

Die Deponiesuche ist ausgesetzt. Beruhigt Sie das?

Nein, beruhigt bin ich deswegen noch lange nicht. Aufgrund der Diskrepanzen bei den angesetzten Deponiemengen aus dem Landkreis und darüber hinaus konnte der Landrat als politisch Verantwortlicher meines Erachtens nicht anders, als den Suchlauf für einen neuen Standort zu stoppen.

Wie stellt sich die Situation aus Ihrer Sicht dar?

Es wurde nun Druck aus dem Kessel abgelassen, und zugleich werden sicherlich Antworten auf Fragen vorbereitet, die der Bevölkerung unter den Nägeln brennen: Verkehr, Immissionen, Verlust von wertvollen Ackerflächen, Einflüsse auf Grundwasserneubildung und Frischluftschneisen. Sobald hier Antworten vorliegen, werden wir uns am Runden Tisch wiederfinden.

Wird die Standortsuche auf die Region ausgedehnt, beginnt die Suche wieder. Das dauert. Befürchten Sie, dass Hemmingen nun erst recht als kleiner „temporärer“ Standort in den Fokus gerät?

Richtig, es ist illusorisch, dass bis zum Ende der Vertragszeit zur Anlieferung im Landkreis Ludwigsburg eine Alternative im Verband Region Stuttgart gefunden wird. Zumal nach dem Landeskreislaufwirtschaftsgesetz der Verband Region Stuttgart auch den Landkreis verpflichten kann, Abfälle aufzunehmen. Von daher ist eine Fokussierung auf den kleineren Standort Hemmingen nicht ausgeschlossen.

Die Deponie Froschgraben könnte länger als geplant offen bleiben. Ist das für Sie eine Option?

Wenn Infrastruktur vorhanden ist, sollte diese auch genützt werden. Es gibt eine planfestgestellte Erhöhung der Auffüllmenge für die Deponie Froschgraben aus dem Jahr 2012. Dies ist die rechtliche Einordnung. Allerdings ist auch ein gehöriges Maß an Chuzpe dabei, wenn die AVL mit der Schwieberdinger Bürgerschaft im Jahr 2015 bereits „blühende Landschaften“ plant und die naturnahe Nachnutzung der Deponie in bunten Farben darstellt und der Zeitpunkt, trotz wohl getätigten Aussagen zu einer zeitlichen Laufzeit immer weiter nach hinten rückt.

Sie hatten bisher ein gutes Verhältnis zu ihrem Schwieberdinger Amtskollegen Nico Lauxmann. Gilt das unverändert?

Kollege Lauxmann und ich haben ein sehr gutes, freundschaftlich-kollegiales Verhältnis. Uns eint in vielen Bereichen der Wille zur engen interkommunalen Zusammenarbeit, und wir haben gleichwohl jeder unsere Verpflichtungsformel im Kopf ...

Der Diensteid. Darin heißt es ...

... die Rechte der Gemeinde gewissenhaft zu wahren und ihr Wohl und das ihrer Einwohner nach Kräften zu fördern.

Wie soll es jetzt aus Ihrer Sicht bei dem Thema weitergehen?

Der Kriterienkatalog muss nochmals überprüft werden. Sind die nun als Ausschlusskriterien definierten Punkte wirklich sakrosankt? Warum ist eine Deponie nicht in einer Umweltzone möglich – wenn sich zum Beispiel doch die Deponie Froschgraben in einer Umweltzone befindet? Warum wurde der Wald gänzlich ausgenommen? Es gibt sicherlich Waldflächen, die aufgrund des Klimawandels ,umzubauen’ sind. Dies könnte in der Nachnutzung einer Deponie im Rahmen einer Aufforstung mit klimaresistenteren Baumarten erfolgen.

Die Hemminger selbst werden an diesem Dienstag im Gemeinderat eine Resolution verabschieden. Mit welchem Ziel?

Die Resolution soll die von der Kommunalpolitik aufgeworfenen Kritikpunkte und Fragen nochmals manifestieren und zeigen, dass wir geeint gegen diese Deponieansiedlung in Hemmingen sind.

Zur Person

Der Bürgermeister
 Thomas Schäfer (40, CDU) ist seit 2010 Rathauschef in Hemmingen. Davor war der Verwaltungswirt in Asperg Hauptamtsleiter.

Die Gemeinde
 Hemmingen hat rund 8100 Einwohner.