Der Rathauschef von Korntal-Münchingen hat bekannt gegeben, dass er bei der Wahl im kommenden Jahr nicht mehr kandidiert. Dieser Entschluss ist ihm, wie er sagt, schwer gefallen.

Der 7. Juli 2023 wird es sein, Joachim Wolfs letzter Arbeitstag im Rathaus. Noch steht nicht mal fest, wann genau nächstes Jahr die Bürgermeisterwahl in Korntal-Münchingen ist, doch für den Rathauschef ist nun klar, dass er am Wahlsonntag nicht als Kandidat auftritt, sondern als Vorsitzender des Gemeindewahlausschusses. Am Donnerstagabend, am Ende der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats, gab der 63-Jährige bekannt, dass er sein Amt abgibt. „Ich habe mich entschieden, nicht mehr zu kandidieren“, sagte Joachim Wolf. Damit verkünde er öffentlich, „was die meisten von Ihnen ja schon wissen“.

 

Ja und nein. Für manche Menschen im Sitzungssaal kam die Information sichtlich überraschend, wie sich am ein und anderen Gesicht ablesen ließ.

Wolf: „Ich habe mit mir gerungen“

Die Christdemokraten ergriffen noch in der Sitzung das Wort. „Wir nehmen das zur Kenntnis“, sagte Joachim Winter, der sich für die „sehr gute Zusammenarbeit“ bedankte. „Wir hoffen und würden uns freuen, wenn wir einen guten, würdigen Nachfolger finden.“ Für die Suche bleibe nun genug Zeit.

Joachim Wolf sagt auf Anfrage, seine Entscheidung sei lange gereift. Es sei keine leichte gewesen, „ich habe mit mir gerungen“. Und in den vergangenen Monaten intensiv mit seiner Frau diskutiert. Er könne sich kaum einen schöneren Beruf als den des Bürgermeisters vorstellen. „Der Job macht mir riesig Spaß und ist eine tolle Herausforderung.“ Er erzählt von seinen Kollegen im Rathaus, die er als „tolles Team“, als „motiviert“ bezeichnet, von der Erfüllung in dem, was man erreichen, bewegen könne, wenn man sich reinhänge. Und er zählt die „tollen Projekte, die entstehen“ auf: der regionale Gewerbeschwerpunkt, die Mehrzweckhalle, die Kita Korntal-West, das Neubaugebiet auf dem Areal Greutter/Aichelin.

Wie geht es mit den großen Projekten weiter?

Dann folgt das Aber. Die Gründe gegen eine weitere Kandidatur und dritte Amtszeit. Sie wiegen schwerer als die Pros. Sein Alter und der Wunsch, seine Erfahrung und sein Wissen als Bürgermeister „vielleicht“ noch woanders einzubringen. Sein Wunsch, mehr Zeit für sich, Hobbys und Familie – er hat drei Kinder – zu haben. Der Wunsch, sich Möglichkeiten offen zu halten, sei groß, so Wolf. Er spricht auch die Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat an, die, wie er betont, aber nur ein Mosaikstein von vielen sei. Das Gremium sei sehr engagiert, detailverliebt, herausfordernd, diskussionsfreudig. Zwar komme er damit klar, wie es seine Rolle als Gemeinderat interpretiert. Wolf gibt aber zu, er sei mit den Jahren „etwas ungeduldiger“ geworden. „Die Auseinandersetzungen und Diskussionen fielen mir früher leichter.“

Dass er die aktuell großen Projekte nicht mehr zu Ende bringt, ist Joachim Wolf bewusst. Weil sie „superwichtig“ für die Stadt seien, gehe er aber davon aus, dass sie wie geplant kommen. „Für die Stadt wäre es ein großer Nachteil, wenn man daran rüttelt.“ Die Realisierung eines nachhaltigen Gewerbeschwerpunkts sei „der einzig gangbare Weg für die Zukunft“, die Mehrzweckhalle in Münchingen, so wie sie konzipiert sei, die beste Lösung. Kritikern, die ihm vorwerfen, unnötig teure Projekte, unnötige Leuchtturmprojekte zu verfolgen, entgegnet er, dass dahinter je eine Mehrheitsentscheidung des Gemeinderats stehe.

Zustimmung erst groß, dann geringer

Er selbst habe sich stets mit ganzem Engagement eingesetzt, sagt Joachim Wolf, er habe „immer ein gutes Gefühl mit dem, was ich leiste“. Bestätigt sieht er sich aufgrund des weitgehend positiven Feedbacks auch aus der Bevölkerung.

Ehe er im Jahr 2007 zum Bürgermeister gewählt wurde, leitete Joachim Wolf das Schul-, Sport- und Bäderamt der Stadt Sindelfingen. Bei seiner ersten Kandidatur hatte der promovierte Sportwissenschaftler es bereits überraschend im ersten Wahlgang mit knapp 60 Prozent der Stimmen geschafft – er setzte sich gegen sechs Mitbewerber durch. Dagegen fiel die Zustimmung acht Jahre später nicht so aus wie erhofft: Im April 2015 ist Joachim Wolf mit 89,6 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt worden. Damit hatte er sein angestrebtes Wahlergebnis knapp verfehlt.

Nachfolger mit Aussicht auf Amts des OB

Die Bürgermeisterwahl ist wohl Ende April, auf jeden Fall zwischen den Oster- und den Pfingstferien. Joachim Wolf sagt, er wolle seinen Beitrag leisten, einen qualifizierten Nachfolger zu finden. Die Stadt Korntal-Münchingen sei attraktiv genug, zumal sie an der Grenze zur Großen Kreisstadt stehe. Das neue Stadtoberhaupt hat also Aussicht auf das Amt als Oberbürgermeisterin oder Oberbürgermeister.

„Es würde mir das Herz bluten, wenn für das bescheidene Werk der vergangenen 15 Jahre nicht ein guter, würdiger Nachfolger gefunden wird, der es fortführt“, sagt Joachim Wolf – wobei er vom „bescheidenen Werk“ mit einem Augenzwinkern sprach.