Nachdem er bei der Bürgermeisterwahl fast zehn Prozent zurückliegt, tritt er in der zweiten Runde nicht mehr an. Katz vermisst die Unterstützung der Fraktionen im Gemeinderat.

Weil der Stadt - Am Dienstagfrüh um 6.38 Uhr verschickt Jürgen Katz die Pressemitteilung an die Zeitungsredaktionen: „Schweren Herzens ziehe ich meine Bewerbung als Bürgermeister zurück“, schreibt er. „3259 Wählerinnen und Wähler, für deren Vertrauen ich mich herzlich bedanke, reichen als Rückhalt für das, was Weil der Stadt nächstens wird schultern müssen, bei Weitem nicht aus.“

 

Damit ist klar: Christian Walter, der 30-jährige Stadtrat und Lehrer aus Stuttgart, den die Grünen nach Weil der Stadt geholt haben, kann am 16. August durchmarschieren. 47,2 Prozent hatte Walter am Sonntag geholt. Der amtierende Beigeordnete Jürgen Katz 37,7 Prozent. Diese zehn Prozentpunkte Unterschied galten Katz als nicht mehr einholbar: „Zu wenige Bürger teilen meine Überzeugung, was es jetzt bräuchte, damit die Keplerstadt die heutigen und die morgigen Anforderungen und Herausforderungen mit Blick auf Stadtentwicklung und Finanzen zu bewältigen vermag“, erklärt er.

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In seiner Erklärung lässt vor allem ein Satz aufhorchen: „Mein politisches Angebot, die örtlichen Kräfte über Fraktionsgrenzen hinweg zu bündeln, löste – jenseits der Freien Wähler – keine mehrheitliche Zustimmung aus“, schreibt er. Das gelte auch für seine „persönliche Leistungsbilanz“ als Erster Beigeordneter. Er interpretiert das Wahlergebnis als Misstrauensvotum für seine bisherige Arbeit – und das auch, weil ihn mit den Freien Wählern nur eine der Fraktionen im Gemeinderat öffentlich bei der Kandidatur unterstützt hatte.

Die für Katz erste Enttäuschung waren die Grünen, die eigentlich schon verkündet hatten, hinter dem amtierenden Bürgermeister Thilo Schreiber (CDU) zu stehen. Als der jedoch seinen Rückzug verkündet hatte, folgten sie nicht dem an Programmatik ähnlichen Jürgen Katz, sondern präsentierten mit Christian Walter einen eigenen Kandidaten. Dabei, so betonte Katz im Wahlkampf, mache er so viel ökologische Politik, wie es sie in Weil der Stadt in den 25 Jahren zuvor nicht gab. Erst kurz vor der Wahl präsentierte er den Plan, das große Neubaugebiet Häugern klimaneutral ausrichten zu wollen.

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Zweite Enttäuschung – und das wird jetzt deutlich – war für ihn die CDU, die ihm ebenfalls die Unterstützung versagte und vor der Wahl per Pressemitteilung mitteilte, neutral zu bleiben. Einzig die Freien Wähler hatten sich zu ihrem Vereinsmitglied Jürgen Katz bekannt. Jürgen Widmann, der Fraktionschef der Freien Wähler, greift deshalb ebenfalls die CDU an: „Die CDU stellt sich als Volkspartei dar“, sagt er als Reaktion auf Katz’ Rückzug. „Dann müssen sie aber bei einer solch wichtigen Wahl – in welche Richtung auch immer – Stellung beziehen.“ Dass sich Katz jetzt zurückzieht, bedauert Widmann, kann es aber angesichts des Wahlergebnisses nachvollziehen. „Die Enttäuschung bei ihm und bei uns ist groß. Das Ergebnis spiegelt in keiner Weise wider, was er hier geleistet hat.“

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Martin Buhl, der Fraktionschef der CDU, weist die Vorwürfe zurück. „Eine Bürgermeisterwahl ist eine Persönlichkeitswahl“, sagt er. Dass Parteien da großen Einfluss hätten, kann sich Buhl nicht vorstellen: „Ich glaube nicht, dass Herr Katz diesen großen Unterschied von zehn Prozent hätte wettmachen können, wenn wir ihn unterstützt hätten.“

Gleichwohl, vom Wahlergebnis ist Martin Buhl überrascht. „Ich hätte gedacht, dass es knapper wird, dass es ein Kopf-an-Kopf-Rennen wird, dass aber Katz mit ein, zwei Prozent vorne liegt.“ Das Wahlergebnis müsse man jetzt akzeptieren. „Es ist ein allgemeiner Trend, dass sich die Menschen heute junge, dynamische Vertreter wünschen“, vermutet der CDU-Politiker.

Bleibt Jürgen Katz Erster Beigeordneter?

Die große Frage ist jetzt: Welche Zukunft hat Jürgen Katz, wenn Christian Walter am 16. August Bürgermeister wird? Walter hatte stets betont, „gerne“ mit Katz zusammenarbeiten zu wollen. Katz wiederum lässt sich das offen. „Ich führe jetzt Gespräche“, sagt er am Dienstag auf Nachfrage unserer Zeitung. Und diese Gespräche führe er „ergebnisoffen“.

CDU und Freie Wähler jedenfalls hoffen, dass er als Beigeordneter bleibt. „Die Leistung von Herrn Katz wurde ja nicht bewertet“, findet Martin Buhl. Und Jürgen Widmann sagt: „Seine Kompetenz ist unheimlich wichtig für die Stadt. Wenn das verloren geht, dann sehe ich schwarz.“