In zwei Rathäusern im Rems-Murr-Kreis stehen in diesem Jahr Bürgermeisterwahlen an – in beiden sind die Chefs bereits in ihrer dritten Amtsperiode. In mindestens einer Kommune geht eine Ära zu Ende.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Ein Jahr der großen Veränderungen in den Schaltzentralen der Rathäuser im Rems-Murr-Kreis wird 2023 aller Voraussicht nach nicht werden. Regulär steht nur eine einzige Bürgermeisterwahl an. In Leutenbach werden die Bürger im April zu den Urnen gerufen, weil dort die Amtszeit von Jürgen Kiesl ausläuft. Während der 57-Jährige, der dann 24 Jahre als Verwaltungschef im Rücken hat, eine vierte Amtszeit anstrebt, will sein Bürgermeisterkollege Uwe Bossert aus Spiegelberg nach dreiundzwanzigeinhalb Jahren einen Schlussstrich ziehen. Der genaue Termin für die vorzeitige Wahl seines Nachfolgers steht zwar noch nicht fest, wird aber wohl noch für diesen Herbst anberaumt.

 

Spiegelberg: Rückzug vor der Haushaltseinbringung

Der langjährige Rathauschef des nördlichsten Vorpostens der Region Stuttgart, wie Bossert seine rund 2100 Einwohner starke Kommune im Schwäbischen Wald manchmal selbst scherzhaft bezeichnet, hat sich ganz bewusst für den etwas vorzeitigen Abschied entschieden. Für einen geordneten Übergang hält er es für sinnvoll, dem oder der Neuen die Möglichkeit zu eröffnen, mit einer Haushaltseinbringung eigene Weichen stellen zu können und nicht im April vor vollendeten Tatsachen zu stehen. Außerdem will er der Kommune ersparen, in kürzester Zeit zwei oder drei aufwendige Wahlgänge organisieren zu müssen. 2024 sind in Baden-Württemberg auch Kommunalwahlen.

Der gebürtige Pforzheimer, dem wohl bei einer erneuten Kandidatur wie in früheren „Verlängerungen“ eine überwältigende Zustimmung sicher gewesen wäre, darf im Herbst mit der Gewissheit abtreten, einiges im Rahmen der finanziell doch eher bescheidenen Spiegelberger Möglichkeiten für seinen Ort erreicht zu haben. Mit Hartnäckigkeit und Geschick hat Bossert es immer wieder geschafft, diverse Fördertöpfe anzuzapfen, um unter anderem eine Herzensangelegenheit umsetzen zu können – die Umgestaltung der Ortsdurchfahrt. Nun will er auch noch das Sanierungsgebiet „Ortsmitte 2“ auf den Weg bringen. Zuletzt, im Februar 2016, war er mit 98,8 Prozent der Stimmen in seinem Amt bestätigt worden.

Dass er bis zum Schluss Vollgas gibt, ist für einen wie Bossert, der auch im Sport als Fußballer oder Mountainbiker für eine hohe Drehzahl bekannt ist, eine Selbstverständlichkeit. Doch nach fast 40 Jahren öffentlichen Dienstes, davon fast 35 Jahren in Führungsfunktionen, will er dann aber kürzer treten. Das hat der 58-Jährige jedenfalls wohl so mit seiner Familie vereinbart.

Jürgen Kiesl peilt die vierten acht Jahre an

Jürgen Kiesl hingegen hat sich anders entschieden. Der 57-Jährige, der 1999, damals noch als persönlicher Referent in Diensten des Stuttgarter Umweltbürgermeisters Jürgen Beck, mit 62,6 Prozent der Stimmen erstmals ins Amt des Rathauschefs von Leutenbach gewählt worden war, will noch einmal antreten. Das hat er bereits im vergangenen Sommer beim Bürgerempfang seiner Gemeinde bekannt gegeben.

„Ich brenne dafür, noch einmal weitere acht Jahre mit den Bürgerinnen und Bürgern weiter an einer lebenswerten Ortsentwicklung in allen drei Orten weiterzuarbeiten“, bekräftigt er jetzt auf Nachfrage seine große Motivation. Die drei Gemeindeteile mit ihren rund 11 000 Einwohnern – neben Leutenbach sind das Weiler zum Stein und Nellmersbach – verfügten über eine gute Wohn- und Lebensqualität. Gewerbe und Handwerk seien gut vertreten, die Vereinslandschaft gut aufgestellt, sagt Kiesl. Der Zusammenhalt sei „hervorragend“. Dies habe er besonders in den vergangenen und aktuellen Krisen „dankbar erleben“ dürfen, sagt Kiesl. Nun gelte es unter anderem in Sachen Klimawende voranzukommen. Dazu benötige es eine gute Mobilität für alle: Gute Radverbindungen, eine gute Ladeinfrastruktur für E-Mobilität und barrierefreie Bushaltestellen seien Teile seiner Pläne für die kommende Amtsperiode, zählt Kiesl auf.

Die Wahl ist auf den 23. April terminiert. Sollte keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang eine absolute Mehrheit der Stimmen auf sich vereinen, würde drei Wochen später, am Sonntag, 14. Mai, noch einmal zu den Urnen gerufen. Ob sich Jürgen Kiesl dabei eines Mitbewerbers erwehren muss, wird sich noch zeigen. Vor seiner letzten Wiederwahl im April 2015 hatte ein Wirtschaftsmathematik-Student seinen Hut in den Ring geworfen, allerdings lediglich 14,6 Prozent der Stimmen für sich geholt. Für Kiesl votierten 84,5 Prozent der Wähler.

Breite Zustimmung für Wiederwahl des Landrats

Ein mindestens ähnlich gutes Votum dürfte Richard Sigel gewiss sein. Auch seine, die bisher erste Amtsperiode als Landrat des Rems-Murr-Kreises, läuft in diesem Jahr aus. Sigel muss zwar nicht um die Gunst der Bürger buhlen, doch auch unter den Räten im Kreistag zeichnet sich eine klare Mehrheit für die Wahl, die auf den 8. Mai terminiert ist, ab. Als der 45-Jährige im Oktober vor einer Sitzung im Kreistag in Fellbach offiziell erklärt hatte, für eine weitere Amtsperiode zur Verfügung zu stehen, brandete donnernder Applaus aus dem Gremium auf. In einer Umfrage unserer Zeitung hatten die Fraktionsvorsitzenden dem Juristen zuvor durchweg ein gutes Zeugnis ausgestellt und betont, auf die Suche nach einem eigenen Kandidaten verzichten zu wollen.

Vor acht Jahren war das noch etwas anders gewesen. Außer Siegel gab es zwei weitere Bewerber. Letztlich setzte er sich in einem zweiten Wahlgang mit einer Mehrheit von 51 Stimmen durch. Für Dirk Braune, den Geschäftsführer der Kreisbaugesellschaft Waiblingen, votierten 32.