Teil zwei der StZ-Gesprächsreihe „Bürgersprechstunde“: die Schwäbin Iris Petersen hat viele Jahre in Kapstadt gelebt und fand dort ihre große Liebe.

Reportage: Frank Buchmeier (buc)
Tiefenbronn – - Iris Petersen, 46, zog vor 14 Jahren von Stuttgart nach Kapstadt. In Südafrika arbeitete sie als Reiseleiterin und lernte ihren heutigen Mann kennen, den Künstler Hishaam Petersen. Seit einem Jahr wohnt das Ehepaar in Tiefenbronn am Rande des Nordschwarzwalds. Iris Petersen hat uns geschrieben, weil sie meint, dass Süddeutsche einiges von Südafrikanern lernen können.
 
Frau Petersen, erzählen Sie Ihre Geschichte!
Ich bin in Stuttgart aufgewachsen. Mit Mitte 20 lernte ich meinen damaligen Mann kennen: einen Kapstädter mit schwäbischen Wurzeln. Seinerzeit habe ich hauptberuflich bei Sony und an den Wochenenden als Stadtführerin für die Stuttgart Marketing Gesellschaft gearbeitet. 2001 zog ich mit meinem Mann in seine Heimat. Die Ehe hielt nicht, aber seither fühle ich mich mit Südafrika tief verbunden.
Was fasziniert Sie an dem Land?
Südafrika ist ethnisch unglaublich vielfältig – so viele Stämme, so viele Sprachen, so viele Religionen! Die Kapstädter Tageszeitungen wünschen auf ihren Titelseiten nicht nur den Christen zu Weihnachten ein gesegnetes Fest, sondern auch den Muslimen zum Ende des Ramadans oder den Hindus zur Nacht des Shiva. Diese Weltoffenheit gefällt mir. Und dann das wunderschöne Meer und all die Wildtiere, die man in den Nationalparks beobachten kann! Man lebt in Südafrika überall nah an der Natur.
Wie geht es Ihnen seit Ihrer Rückkehr?
Ich fremdle mit meiner alten Heimat Deutschland. Vielleicht liegt das daran, dass ich mich in Südafrika verändert habe. Früher waren mir Dinge wie ein schickes Auto wichtig, heute stehen für mich eine erfüllende Arbeit und die Beziehung zu Menschen und der Natur im Vordergrund. Mir fällt extrem auf, wie gestresst die Deutschen sind. Im Supermarkt wirken die Leute furchtbar unfreundlich und drängelig. Wenn ich im Auto durch Stuttgart fahre und nicht gleich weiß, wo ich abbiegen muss, wird sofort gehupt oder mir der Vogel gezeigt.
Wie kommen Sie in Ihrem neuen Wohnort klar, dem 2500-Seelen-Flecken Tiefenbronn?
Offen gesagt, hatte ich Bedenken, ob man uns in diesem Dorf akzeptieren würde. Schließlich entsprechen Hishaam und ich nicht dem Standardehepaar: Ich bin acht Jahre älter als mein Mann, er ist ein exotischer Künstler, wir haben einen eigenen Lebensrhythmus und fünf Haustiere. Wir hatten aber keine andere Wahl, als uns auf dem Land eine Bleibe zu suchen: Wir benötigten ein großes Haus, in dem sich Hishaam ein Atelier einrichten kann. Jetzt leben wir auf 250 Quadratmetern zur Miete, das wäre in Stuttgart unbezahlbar. Aber zurück zu Ihrer Frage: die Furcht, dass wir in Tiefenbronn wie Eindringlinge behandelt werden, war völlig unbegründet. Wir haben eine unheimlich liebenswerte Nachbarschaft.
Was wissen die Schwaben über Südafrika?
Afrika wird von vielen nur als Kontinent wahrgenommen. Dass es riesige Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern gibt, ist nicht einmal dem Bildungsbürgertum bewusst. Die Stuttgarter Volkshochschule hatte im vergangenen Jahr einen Themenschwerpunkt zu Südafrika. Auf dem Programm stand unter anderem ein „afrikanischer Kochkurs“. Was zum Teufel soll das sein? Würde die Volkshochschule einen „europäischen Kochkurs“ anbieten? Die südafrikanische Küche hat mit der ägyptischen Küche so viel gemein wie die italienische Küche mit der schwedischen Küche.