Die Bürgerstiftung hat zum zehnten Mal vorbildliche Initiativen und Projekte in Stuttgart ausgezeichnet. Erstmals wurden ein Kinder- und ein Publikumspreis vergeben.

Stuttgart - „Erst hatte ich Angst, jetzt nicht mehr.“ Konzentriert blickt der Junge mit dem Imkerhut erst in die Kamera, dann auf die Wabe eines Bienenstocks. Er macht bei der „Bienen AG“ der „Stiftung Jugendhilfe aktiv“ mit. Ziel des Projekts von Lehrenden und Pädagogen: nachhaltig und ökologisch Bienen schützen, dabei Kindern und Jugendlichen, die Traumatisches erlebt haben und psychisch auffällig sind, das Leben der Bienen näherbringen. Die Bienen lehren sie Geduld und Fingerspitzengefühl. Das stärkt soziale und emotionale Kompetenzen und die Eigenverantwortung.

 

Leitmotiv ist: der Gesellschaft etwas zurückgeben

Dieses Projekt wurde jetzt im Porsche-Museum mit dem Kinderpreis der Bürgerstiftung Stuttgart ausgezeichnet. Dort feierten rund 250 Gäste coronagerecht die Vielfalt des bürgerschaftlichen Engagements in Stuttgart und außerdem zwei Jubiläen, denn die Bürgerstiftung ist 20 und der Bürgerpreis zehn Jahre alt geworden. Ein Schatz sei das in der „Hauptstadt des Ehrenamts“ und im „Land des Ehrenamts“, waren sich Landtagspräsidentin Muhterem Aras, Oberbürgermeister Frank Nopper und Albrecht Reimold, Porsche-Vorstand für Produktion und Logistik, einig. Die Bürgerstiftung geht auf eine Idee des früheren Oberbürgermeisters Wolfgang Schuster zurück, der die Idee einer „Community Foundation“ aus den USA übernommen hatte. Leitmotiv ist „to give back“. Diejenigen, die gut durchs Leben kommen, geben etwas an die Gesellschaft zurück.

Alte Laptops werden an Schülerinnen und Schüler verteilt

Porsche-Vorstand Reimold betonte denn auch im Chor mit den anderen Stiftern: „Wir wollen der Gesellschaft etwas zurückgeben.“ Die Porsche AG spendete den neuen Kinderpreis. Die Holtzbrinck Publishing Group den – ebenfalls neuen – Publikumspreis. Per Online-Abstimmung hatten Stuttgarterinnen und Stuttgarter für das Projekt „HEY, ALTER! Stuttgart – Alte Rechner für junge Leute“ gestimmt. Dahinter steht das Freiwilligenzentrum Caleidoskop. Es sammelt alte, funktionsfähige Laptops und Computer und verteilt sie – aufbereitet und kostenlos – an Schülerinnen und Schüler.

Insgesamt neun Bürgerpreise mit einem Preisgeld von insgesamt 40 000 Euro wurden vergeben. Den Sonderpreis für besonderes Engagement in Pandemiezeiten, gespendet vom Kunstfonds der Bürgerstiftung Stuttgart, erhielt die Künstlersoforthilfe von Joe Bauer und Peter Jakubeit. Sie unterstützte schnell und unbürokratisch Kunstschaffende und Studierende, die in der Pandemie in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. „Kunst ist unerlässlich für die Demokratie“, betonte Bauer.

Ein Preis für Harrys Bude unter der Paulinenbrücke

In den Kategorien „Nachhaltigkeit“ und „Innovation“ wurden je drei Initiativen ausgezeichnet. Als besonders nachhaltig bewertete die zwölfköpfige Jury das Projekt „DU schaffst das!“. Dabei helfen junge Geflüchtete, die hier leben, neu Ankommenden bei der Integration. Der Preis wurde von der BW-Bank gesponsert.

Nanz Medico sponserte den Preis für Harrys Bude und Paule Club/Katholische Kirchengemeinde St. Maria: Das Doppelprojekt am Rupert-Mayer-Platz hilft Menschen, die unter der Paulinenbrücke ihr „Wohnzimmer“ haben, dabei, ihre Anliegen selbst in die Hand zu nehmen. Im „Foodsharing“ von Harrys Bude werden Lebensmittel fair geteilt, dort stehen auch die Lastenräder des Paule Club. In diesem organisieren sich die Menschen selbst, die sich täglich unter „der Paule“ treffen – unterstützt von der Kirchengemeinde St. Maria und zwei Fachkräften der Sozialarbeit.

Therapiehunde sollen Menschen Mut machen

Der Preis für die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bürgerverein-Interessengemeinschaft Neugereut wurde von der Vector-Stiftung gesponsert: Seit 50 Jahren geben sie die Stadtteilzeitung „Treffpunkt Neugereut“ heraus und begleiten kritisch, was in ihrem Quartier geschieht.

In der Kategorie „Innovation“ würdigte der Sponsor Daimler AG die Arbeit des „Präventionsprojekts gegen sexualisierte Gewalt an Kindern“. Die Vereine StuFem und Kobra klären Mütter unterschiedlicher kultureller Herkunft auf, sensibilisieren sie dafür, was sexualisierte Gewalt ist, wer davon betroffen sein kann. Ein weiterer Preis ging an „Die Mutmacher“ der „PräventSozial Justiznahe Soziale Dienste gemeinnützige GmbH“. Sie wollen Menschen in der Straffälligen- und Opferhilfe erreichen, die auf Gesprächsangebote nicht oder kaum reagieren. Das geschieht mit Therapiehunden – den ersten in Baden-Württemberg. Sponsor für diesen Preis ist die Holtzbrinck Publishing Group.

Bürgerinnen und Bürger kümmern sich um das Schoettle-Areal

Ein weiterer Preis, gesponsert von der Stihl AG, ging an die Initiative Solidarische Nachbarschaft Schoettle-Areal. Deren Mitglieder setzen sich dafür ein, dass Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger das frei werdende Schoettle-Areal im Stuttgarter Süden mitgestalten können. Ihr Ziel: ökologischer Wohnraum unter anderem für Familien, Alleinerziehende, Ältere, Studierende, Migrantinnen und Menschen mit Einschränkungen.