Seit Ende November läuft das Projekt „Suppoptimal“ der Bürgerstiftung. Mit dem mobilen und dezentralen Essensangebot reagiert es auf Entwicklungen der Coronakrise.

Stuttgart - Die Corona-Krise hat unser aller Leben verändert. Doch während für die einen das größte Opfer im Verzicht auf soziale Kontakte besteht, sind andere in existenzielle Not geraten. Wohnungslose zum Beispiel konnten sich vor Ausbruch der Krise in Einrichtungen der Obdachlosenhilfe Essen besorgen. Das funktionierte plötzlich nicht mehr, weil die Einrichtungen zunächst schließen mussten und später wegen Hygienevorschriften nur eingeschränkt zugänglich waren. Die Bürgerstiftung hat mit ihrem Projekt Suppoptimal auf die neue Situation reagiert: Sie verteilt seit Ende November Essen an dezentralen Orten in der Stadt.

 

Angebot nicht auf eine bestimmte Gruppe beschränkt

So zum Beispiel unter der König-Karls-Brücke in Cannstatt, am Marienplatz und unter der Paulinenbrücke. Diese sogenannten „Suppups“ versteht die Stiftung in Anlehnung an das Konzept der Popup-Stores als flexible und mobile Essensangebote, die es ermöglichen, schnell auf Notsituationen einzugehen. Das Projekt kooperiert mit Menschen vor Ort in den Bezirken, mit Gastronomen, Vereinen und Kirchengemeinden. Am Marienplatz ist das Karin Beck, Inhaberin der Kneipe „Das Lehen“. Sie wird an vier Terminen im Januar jeweils hundert Essen kochen, das Bedürftigen am Marienplatz ausgegeben wird.

„In der Krise waren viele sehr mit sich selbst beschäftigt. Dabei vergisst man leicht, dass es tatsächliche Not gibt, dass Leute nichts zu essen haben. Die mangelnde Begegnung mit anderen ist da eher ein Luxus-Problem“, sagt Beck. Das Lehen selbst sei durch die Unterstützung „wunderbarer Gäste“ gut durch die Krise gekommen, sagt Beck.

Das Angebot von Suppoptimal ist nicht auf eine bestimmte Gruppe beschränkt, niemand braucht einen Nachweis seiner Bedürftigkeit. Dieses Konzept des „Essens für alle“ gefällt Karin Beck. Eine gewöhnliche Suppenküche ist Suppoptimal keineswegs. Das Motto lautet vielmehr, dass jedem Menschen ein würdiges Essen zustehe, betont Projektleiterin Andrea Laux von der Bürgerstiftung.

Auch auf die Darreichung wird Wert gelegt

„Würdig“ bezieht sich in diesem Fall nicht nur auf die Qualität der warmen Speisen, sondern auch auf deren Darreichung. Bei Suppoptimal werden sie nach einem Konzept des Rudolph-Sophien-Stifts im Glas serviert, dazu gibt es wertige Holzlöffel. All das mutet also eher wie ein Catering an, weniger wie eine typische Armenspeisung.

Wer sein Essen in der „Hall of Fame“ unter der König-Karl-Brücke abholt, bekommt gar ein Gericht der Traube Tonbach. Das Nobelrestaurant beliefert die Kantine des Weilimdorfer IT-Dienstleisters Vector IT, der die Aktion finanziert. Bei den ersten Essensausgaben sei es zu rührenden Begegnungen gekommen, erzählt Andrea Laux. „Oh, wie schön. Ich wollte dort schon immer mal essen, konnte es aber nie“, habe ihr ein Mann gesagt, als er gehört habe, wo sein Essen herkommt. Ein anderer Mann habe die „köstliche Konsistenz“ des Essens gelobt. Wie sich später herausstellte, hatte er jahrelang in den besten Küchen gearbeitet, bevor er arbeitslos wurde.

Das Ziel: Mitmenschen sensibilisieren

Suppoptimal will aber nicht nur Menschen in Existenznot unterstützen. Gleichzeitig will man das Engagement der Allgemeinheit fördern, sie für die Notlage ihrer Mitmenschen sensibilisieren, zum Spenden und Handeln aufrufen. Auch Karin Beck vom Lehen ist das ein Anliegen. „Ich wünsche mir, dass sich auch andere hier im Viertel angesprochen fühlen.“