Das neue Jahr wird wohl so herausfordernd wie 2024. Waiblingens Oberbürgermeister Sebastian Wolf bleibt dennoch optimistisch – auch in Bezug auf den im Februar anstehenden Härtetest nach der letztjährigen Wahlpanne.
Wer den Waiblinger Oberbürgermeister Sebastian Wolf kennt, weiß, dass er kein Fan der Frontalansprache ist. Hätte der Rathauschef sich für den Beruf des Lehrers entschieden, dann wäre im Unterricht vermutlich viel Gruppenarbeit angesagt. Auch beim jüngsten Bürgertreff, dem Neujahrsempfang der Stadt Waiblingen, hat Sebastian Wolf, der „kein großer Anhänger von klassischen Neujahrsreden“ ist, wie in den Vorjahren ein anderes Format gewählt.
Kaum war das traditionelle Defilee im Foyer des Bürgerzentrums vorbei und die Gäste auf ihren Plätzen, kündigte der Oberbürgermeister an: „Ich habe etwas vor mit Ihnen.“ Und bat dann das Publikum im voll besetzten Ghibellinensaal, die Mobiltelefone aus der Tasche zu holen und sich an einer interaktiven Umfrage zu beteiligen. Mithilfe des Programms Mentimeter konnten die Gäste sofort Rückmeldung zu den Fragen geben, die nacheinander auf den zwei Leinwänden im Saal aufploppten.
Evakuierung entlang der übervollen Rems
Der große Favorit bei der Frage „Was wünschen Sie sich für das Jahr 2025?“ war die Antwort „Frieden“, gefolgt von „Gesundheit“, „Zuversicht“ und „Gemeinschaft“. Zum vergangenen Jahr 2024 kam vielen der Begriff „Hochwasser“ in den Sinn, etliche entschieden sich für „Trump“, „Krieg“ und „anstrengend“. Das Jahr 2024 sei auch für ihn herausfordernd gewesen, berichtete Wolf und blendete Fotos von der übervollen Rems Anfang Juni ein. „Die Situation hätte ich mir in dieser Form nie vorstellen können“, sagte der Oberbürgermeister, der sich damals gezwungen sah, die Häuser entlang der Rems evakuieren zu lassen. Dass Waiblingen letzten Endes noch gut davongekommen sei, habe die Stadt vielen Schutzengeln und „vielen guten Entscheidungen remsaufwärts“ zu verdanken. Wäre das Wehr des vollgelaufenen Hochwasserrückhaltebeckens bei Winterbach damals geöffnet worden, hätte das „fatalste Schäden“ verursacht.
Bloß kein Logistikstandort auf Syntegon-Gelände
Weniger gut lief es dann nur eine Woche später bei den Kommunalwahlen, wo diverse Pannen Bürger und Wahlhelfer frustrierten und verärgerten. Für „das organisatorische Chaos“ leistete Sebastian Wolf beim Bürgertreff nicht zum ersten Mal Abbitte und betonte, die Verwaltung habe die richtigen Schlüsse daraus gezogen. Insofern sei er gar nicht unglücklich über die bald anstehende Wahl. „Die Verwaltung muss jetzt beweisen, dass sie Wahlen organisieren kann“, sagte der Oberbürgermeister unter Applaus.
Das neue Jahr ist zwar erst wenige Tage alt, dennoch ist bereits klar, dass es auch viele Herausforderungen bringen wird. Wolf erwähnte die schwierige Finanzlage sowie die Entwicklung beim Unternehmen Syntegon, das seinen Firmensitz von Waiblingen in die Schweiz verlegen will. „Das tut weh“, sagte der Oberbürgermeister. Das bislang genutzte Grundstück an der Stuttgarter Straße könne für vieles genutzt werden – aber nicht als ein weiterer großer Logistikstandort, denn davon gebe es in Waiblingen schon genug. Eine positive Nachricht sei hingegen die Ansiedlung der Firma Kyocera auf dem Hess-Areal sowie der Baubeginn der Wasserstofftankstelle. Das Projekt habe „Strahlkraft nach außen“.
Fortschritte beim Postplatz
Weiter vorantreiben will Sebastian Wolf in diesem Jahr unter anderem die geplante Umgestaltung des Postplatzes. Ein wichtiger Fortschritt sei da die auf den Weg gebrachte Schließung der verwahrlosten Passage unter der Querspange und die Erweiterung des Rewe-Marktes – im Anschluss könne die Stadt dann den Platz selbst angehen.
Wie schon in seiner Haushaltsrede kritisierte Wolf, dass Bund und Land viele Kosten auf die Kommunen abwälzten. Die Kinderbetreuung beispielsweise koste die Stadt 25 Millionen Euro im Jahr, zudem müsse man über die Kreisumlage auch noch für das hohe Defizit der Rems-Murr-Kliniken zahlen. Dass gespart werden muss, ist klar – Veranstaltungen wie die Internationale Opernwerkstatt und das „We are the future“-Festival sollen aber wie gewohnt stattfinden.
„Optimistisch bleiben“ ist trotz aller Widrigkeiten Wolfs Devise: „Wir dürfen uns unsere Stärken nicht kaputtreden und müssen mutig bleiben.“ Zu diesem Zwecke gab es eine kleine filmische Zeitreise zurück ins Jahr 1985, als im Januar das neu erbaute Bürgerzentrum eingeweiht wurde. Auch dieses entstand in schwierigen Zeiten, das Projekt drehte etliche Sparrunden, bevor es dann doch verwirklicht wurde. „Um wie vieles ärmer wäre unsere Stadt ohne das Bürgerzentrum“, schloss der Oberbürgermeister – und leerte dann traditionsgemäß den mit Wein gefüllten Weiß’schen Becher.