Bei Fritz Kuhns erster Bürgerversammlung in Sillenbuch geht es vor allem um Schleichwegfahrer und Schlaglöcher. Kurz vor Schluss kommt aber auch das eigentlich so ersehnte Bürgerzentrum zur Sprache.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Riedenberg - Der Kämmerer war stumm am 10. Juni in Sillenbuch. Michael Föll hat nur mit seiner Nebensitzerin, der Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann, getuschelt. Sein Sachverstand war bei der Bürgerversammlung nicht gefragt. Gleiches galt für die Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer. Doch sie hatte immerhin Gelegenheit zu sagen, dass der abgebrannte Teil des Asylheims wieder aufgebaut wird.

 

Dass die Bürgermeister Föll und Fezer während der zweieinhalb Stunden im Augustinum Zuhörer blieben, lag schlicht daran, dass ihr Spezialgebiet nicht Verkehr heißt. Geschätzte 90 Prozent der Wortmeldungen handelten von zugeparkten Gehwegen, lärmenden Lastwagen, nervtötenden Pendlern, schlechten Busverbindungen und gefährlichen Radwegen. Die kleinen und die großen Verkehrsprobleme waren das alles überragende Thema bei der ersten Bürgerversammlung des Stuttgarter Oberbürgermeisters Fritz Kuhn.

Verkehr, Verkehr und nochmals Verkehr

Kuhn muss das geahnt haben. In seiner Eröffnungsrede nannte er den Verkehr als eine der drei Herausforderungen der Stadt – neben Kinderbetreuung und Mietpreisen. Am Ende sagte er: „Klar ist, dass heute das dominante Thema Verkehr war.“

Dass sie lang und breit über Falschparker, Lastwagen und Schlaglöcher debattieren können, haben die Sillenbucher bereits Anfang dieses Jahres bewiesen. Damals hatte der Bezirksvorsteher Peter-Alexander Schreck eine Sondersitzung des Bezirksbeirats dazu einberufen. Die Lokalpolitiker hatten für die Zusammenkunft auf dreieinhalb Seiten Fragen an die Verwaltung zusammengeschrieben. Und Bürger lieferten weitere Punkte.

Martin Schairer und Dirk Thürnau waren bei der Versammlung also qua Amt die gefragtesten Antwortgeber – neben dem OB. Schairer ist Ordnungsbürgermeister, Thürnau Technikbürgermeister. Für ein paar Sätze kamen aber auch der Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle, die Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann und der Baubürgermeister Matthias Hahn zu Wort.

Eine Frau wirbt fürs Bürgerzentrum

Der Uhrzeiger stand bereits auf zehn Minuten nach neun, und die Versammlung steuerte ihrem Ende zu. Da trat eine Frau ans Mikrofon und warb fürs Bürgerzentrum. „Jahrzehnte sind wir immer durch den Rost gefallen“, sagte sie. Bis zu dieser Wortmeldung hatten nur zwei Leute das eigentlich so ersehnte Bauwerk erwähnt: Kuhn und der Bezirksvorsteher. Das Bürgerzentrum soll auf dem Pendlerparkplatz beim Ostfilderfriedhof gebaut werden. Die Kosten betragen circa 15 Millionen Euro.

Bisher hatten die Stadträte kein Geld dafür übrig. „Das ist natürlich ein spannendes Projekt“, sagte Kuhn zu Beginn der Versammlung. Ihm gefalle vor allem, dass der Bau alles in einem sein soll: Bezirksrathaus, Feuerwehr-Magazin, Bücherei und Veranstaltungsstätte. Der OB versprach trotzdem nichts. Erstens entscheidet der Gemeinderat über die Ausgaben, zweitens gibt es in Stuttgart 23 Bezirke und dementsprechend viele Wunschzettel.

Zum Schluss noch ein Lob für den Bezirk

Bevor sich der OB und seine Bürgermeisterriege verabschiedeten, hatte Kuhn noch ein Lob übrig: „Bleiben Sie ein so aktiver Stadtbezirk.“ Den Sillenbuchern war es gelungen, zum zweiten Mal eines ihrer Projekte auf den ersten Platz des Bürgerhaushalts zu wählen: die Sporthalle bei der Grundschule Riedenberg. Die 300 000 Euro für die Planung stehen bereits zur Verfügung, das Geld für den Bau soll in den nächsten zwei Jahren folgen. „Wir sind im Grunde direkt vor der Umsetzung“, sagte die Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann.

Ihr Nebensitzer hörte zu und blieb selbst stumm. Das Projekt, für das Michael Föll der Fachmann wäre, erhitzt die Gemüter nicht mehr: das Bädle. Die Sanierung des Freibads hatte beim Bürgerhaushalt 2011 den ersten Platz belegt, die Arbeiten sind fast fertig.