Die West-Bewohner wollen bezahlbaren Wohnraum, sanierte Straßen und mehr Bürgerbeteiligung.

S-West - Im Vorraum des Mozartsaals in der Liederhalle, Ort der Bürgerversammlung, konnten sich die Westler über die großen Bauprojekte informieren, die im Bezirk im Gange sind oder demnächst beginnen: Das AOK-Areal, das Olgäle-Areal, die Neubebauung durch das Diakonie-Klinikum und der Skaterpark in Botnang, eines der Hauptthemen des Jugendrats.

 

In der Bürgerversammlung selbst haben diese Vorhaben kaum eine und sogar keine Rolle gespielt. Auch das Parkraummanagement, eigentlich ein Dauerbrenner im Stadtbezirk, wurde von den Bürger nicht erwähnt. Allein Bezirksvorsteher Reinhard Möhrle und Oberbürgermeister Fritz Kuhn schnitten das Thema kurz an und Kuhn resümierte: „In der Summe war das Einführen des Parkraummanagements richtig.“ Deshalb solle es auf andere Innenstadtbezirke sowie Bad Cannstatt ausgeweitet werden – vor allem aus einem Grund: „Wir wollen nicht, dass Leute von außen in unsere Viertel kommen, dort Rallyes nach kostenlosen Parkplätzen veranstalten, während in der City die Parkhäuser leerstehen.“

Mobilfunkantennen verängstigen manche Bürger

Ein Thema, das an diesem Abend hoch im Kurs stand, auch weil die Mitglieder der dazugehörigen Initiative präsent waren, war das Thema Mobilfunkmasten und die von ihnen verursachte Strahlung. Die Bürgerinitiative Mobilfunk Stuttgart-West setzt sich seit 2006 gegen den Bau von Antennen auf Häuserdächern im Westen ein. Sie fordert ein Standortkonzept zur Strahlenminimierung. Die Chancen, dies für Stuttgart zu bekommen, stehen allerdings schlecht. „Kleine Kommunen wie Freudenstadt machen das, aber keine Großstadt“, sagt Baubürgermeister Matthias Hahn. „Fangen Sie mal an, Antennen im Westen zu verschieben. Wo sollen die denn hin?“

Ein Ärgernis auch im Westen ist der Zustand der Straßen. Das wurde durch mehrere Wortmeldungen in der Versammlung deutlich. „In der Johannesstraße gibt es so viele Schlaglöcher, da bricht man sich fast den Knöchel“, sagte ein Bürger. Eine Bürgerin verwies auf den Zustand der Zeppelinstraße, der so schlecht sei, dass man bei der holprigen Fahrt im 40er Bus froh sein könne, wenn man vorher nichts gegessen habe. „Es muss in die Straßen mehr investiert, sie müssen ordentlich saniert werden“, sagte die Bürgerin. Dem hat OB Kuhn nichts zu widersprechen: „Städte tun gut daran, ihre Straßen zu pflegen.“ So soll und muss es auch in Stuttgart geschehen.

Mehr Mietwohnungen gewünscht

Auch das Thema Wohnraum bewegt die Menschen im Westen. OB Kuhn sagte, dass es zu wenig kleine Wohnungen für junge und alte Menschen und zu wenig bezahlbaren Wohnraum für junge Familien gibt. „Sie können es Wohnungsmangel oder Wohnungsnot nennen“, sagte Kuhn. Wichtig sei jedoch, dass zum urbanen Wohnen eine gute soziale Durchmischung gehöre. „Ich werbe deshalb dafür, nicht die Nase hochzuziehen, wenn Leute sozialwohnungsberechtigt sind.“ Er warb für das Stuttgarter Innenentwicklungsmodell, das vorsieht, dass bei jedem Neubau 20 Prozent geförderter Wohnungsbau entsteht.

„Achten sie darauf, dass nicht nur Eigentumswohnungen gebaut werden, die keiner bezahlen kann“, sagte ein Bürger. Ein weiteres Wohnprojekt könnte hinter dem Markt am Vogelsang realisiert werden, in weniger als drei Jahren wie Baubürgermeister Hahn auf Anfrage eines Bürgers sagte.

Mehr Dialog mit den Bürgern – wünschen die Bewohner

Eines wurde in der Versammlung deutlich; die Bürger möchten beteiligt werden. Der Wunsch, einbezogen zu werden, klang in jeder zweiten Wortmeldung durch. „Ich würde mir mehr Dialog mit den Bürgern wünschen“, sagt beispielsweise Ina Ludwig, die von der Innenhofbebauung an der Lindenspürstraße betroffen war. Auch Rüdiger Arendt von der Projektgruppe Olgäle 2012 lobte zwar die gute Zusammenarbeit mit der Verwaltung, bat aber darum, die Bürgerinitiative auch darüber zu informieren, wie genau die Durchmischung der Wohneinheiten auf dem Olgäle-Areal sein werde. „Es scheint da einen Kampf hinter den Kulissen zu geben“, sagte Arendt, „Wir wollen nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden.“ Sein Rat an den OB war dementsprechend deutlich: „Bringen Sie ihre Bürgermeister auf Linie.“ Dies sei, so Kuhn, nicht sein Führungsstil. Er gab aber Arendt Recht, dass die Wünsche nach bezahlbarem Wohnraum einerseits und hoher Grundstückserlöse nicht vereinbar sei. Wenn man mit den Preisen runtergehe, darauf wies Kuhn hin, „dann ist aber auch weniger Geld im Haushalt“.