Sie ist ein Kernversprechen von Olaf Scholz, die Arbeitgeber wollen vielleicht gegen sie klagen - die Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro. Jetzt kündigt Arbeitsminister Heil an, wann es so weit sein soll.

Berlin - Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland soll zum 1. Oktober auf zwölf Euro steigen. 6,2 Millionen Beschäftigte sollen davon profitieren, wie aus einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Referentenentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hervorgeht. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte die zwölf Euro als Kernversprechen ins Zentrum seines Wahlkampfs für mehr Respekt in der Gesellschaft gerückt. Mehrere Medien berichteten ebenfalls über die Vorlage des Entwurfs.

 

Heil hatte bereits angekündigt, Anfang des Jahres einen Gesetzentwurf für die Erhöhung noch in diesem Jahr vorzulegen. Der Entwurf stellt zugleich klar: „Über künftige Anpassungen der Höhe des Mindestlohns entscheidet weiterhin die Mindestlohnkommission.“ Derzeit liegt die Lohnuntergrenze bei 9,82 Euro je Stunde. Zum 1. Juli gibt es eine weitere turnusgemäße Erhöhung auf 10,45 Euro.

Durch die Anhebung der Arbeitsentgelte kommen auf die Arbeitgeber laut dem Entwurf höhere Lohnkosten von geschätzt rund 1,63 Milliarden Euro im Jahr 2022 zu. Die Preise für Güter und Dienstleistungen könnten sich moderat erhöhen. „Eine Quantifizierung dieses Effekts ist nicht möglich“, so der Entwurf.

Erhöhung sei „sozialstaatlich geboten“

Zur Begründung wird in dem Entwurf betont, dass der Mindestlohn 2015 mit damals 8,50 Euro bewusst vorsichtig eingeführt worden sei. Nun sei die Anhebung auf 12 Euro „sozialstaatlich geboten“. Auch im Niedriglohnbereich müsse eine Vollzeitbeschäftigung zur angemessenen Teilhabe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am gesellschaftlichen Leben befähigen.

Die Gewerkschaften begrüßten das Vorhaben. „Damit stärkt die Bundesregierung die unterste Haltelinie im Lohngefüge“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell. „12 Euro in der Stunde werden vor allem bei Frauen und in den ostdeutschen Bundesländern ihre Wirkung entfalten.“ Der Konsum werde bei denen gestärkt, die jeden Euro zweimal umdrehen müssten. „Uns Gewerkschaften geht es nach wie vor an erster Stelle darum, gute Tarifverträge in allen Branchen gemeinsam mit den Arbeitgebern abzuschließen.“ Anhaltende Tarifflucht durch die Arbeitgeber erschwere dies zunehmend.

Arbeitgeber wollen gegen die Pläne vorgehen

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger hatte die 12-Euro-Pläne der Regierung als „grobe Verletzung der Tarifautonomie“ kritisiert und die Prüfung einer Klage angekündigt. „Ob, wann und wie wir das Vorgehen der Bundesregierung qualifiziert juristisch überprüfen lassen, kommt ganz darauf an, wann dieser politische Mindestlohn durchgesetzt werden soll“, hatte Dulger gesagt. Verdi-Chef Frank Werneke sagte: „Falls die Arbeitgeber tatsächlich gegen dieses Gesetz klagen sollten, ist das nichts anderes als der Versuch, Armutslöhne zu zementieren.“

Die Arbeitgeber kritisierten nicht in erster Linie die geplante neue Höhe der Lohnuntergrenze, sondern den Weg dorthin. Durch die einmalige Anhebung, so ihre Argumentation, werde das vorgeschriebene Verfahren konterkariert. Seit der Einführung bestimmt die Mindestlohnkommission die regelmäßigen Erhöhungsschritte auf der Basis der vorangegangenen Tarifentwicklung. Diese wird vom Statistischen Bundesamt im Tarifindex ermittelt - es ist also weitgehend ein Automatismus.

Auch Körzell betonte, die Rückkehr zum Verfahren mit der Mindestlohnkommission sei nach „diesem einmaligen Eingriff“ wichtig. Für einen armutsfesten Mindestlohn gelten laut DGB 60 Prozent des mittleren Einkommens bei Vollbeschäftigung als Maßstab. Das werde in Deutschland mit mindestens 12 Euro erreicht.