Der Bundesgerichtshof verkündet an diesem Mittwoch, inwieweit Haushalte, die von ihren Energieversorgern nicht über die Gründe für Preiserhöhungen informiert wurden, Anspruch auf Rückzahlungen haben.

Karlsruhe - Vor ziemlich genau einem Jahr hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Position deutscher Strom- und Gaskunden gestärkt. Die Richter entschieden, dass es nicht reicht, wenn Strom- und Gasanbieter ohne Begründung die Preise erhöhen und dem Kunden lediglich ein Kündigungsrecht einräumen. Bis zu dem Urteil entsprach dies deutschem Recht und Gesetz. Die Luxemburger Richter jedoch urteilten im Oktober 2014, dass diese Regeln nicht mit europäischem Recht vereinbar seien und sprachen den Kunden ausdrücklich Rückzahlungsansprüche für die Vergangenheit zu (AZ C-359/11 und C-400/11).

 

Der Gesetzgeber änderte die entsprechende Regelung nach dem EuGH-Urteil dann Ende Oktober 2014. Unter welchen bestimmten Voraussetzungen die Kunden Ansprüche geltend machen können, muss nun der Bundgerichtshof (BGH) entscheiden. Es wird erwartet, dass er das am Mittwoch in einem Verfahren wegen Gaslieferverträgen der Stadtwerke Hamm und Geldern in Nordrhein-Westfalen tun wird. Nicht zuletzt werden die Richter verkünden, ob und wie weit rückwirkend Gaskunden von ihren Energieversorgen Geld zurückverlangen können (AZ VIII ZR 158/11, VIII ZR 13/12). Jürgen Schröder, Jurist der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen weist darauf hin, dass das Urteil im Grundsatz auch für Stromkunden gelten wird, auch wenn das Urteil Gasverträge betrifft. Der BGH hatte selbst in zwei anderen Verfahren um eine Klärung in Luxemburg ersucht. Verbraucherschützer gingen nach dem EuGH-Urteil davon aus, dass auf Energieversorger bundesweit Rückforderungsansprüche in zweistelliger Millionenhöhe zukommen könnten.

Nur Tarifkunden sind von der Rechtsprechung betroffen

Wie die Luxemburger Richter betonten, fordert das EU-Recht mehr Transparenz. Zudem sehe es nicht nur ein Kündigungsrecht vor, sondern auch die Möglichkeit, dass Kunden gegen eine Preiserhöhung klagen. Um diese Rechte wahrnehmen und sachgerecht entscheiden zu können, müssten sie „rechtzeitig vor dem Inkrafttreten der Änderung über deren Anlass, Voraussetzungen und Umfang informiert werden“, so der EuGH.

Betroffen von dem EuGH-Urteil sind ausschließlich so genannte Tarifkunden, also solche, die den automatisch wirksamen Standardvertrag ihres örtlichen Anbieters nutzen und nie zu einem anderen Anbieter oder in einen günstigeren Tarif gewechselt sind.

Verbraucherschützer weisen auf Widerspruchsfristen hin

Rückzahlungsberechtigt sind allerdings nur Verbraucher, die Widerspruch gegen ihre Rechnung eingelegt und unter Vorbehalt gezahlt oder sogar die Beträge gekürzt haben. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen weist darauf hin, dass man Rechnungen nach bisheriger BGH-Rechtsprechung rückwirkend für die vergangenen drei Jahre widersprechen kann. Die Dreijahresfrist werde dabei taggenau berechnet, betonen die Verbraucherschützer. Wer eine Jahresrechnung am 30.12.2012 erhalten habe, könne ihr bis spätestens am 30.12.2015 wiedersprechen. Die Verbraucherzentralen stellen auch Musterbriefe zum Widerspruch zur Verfügung.