Das Bild einer Fototapete im Internet verletzt keine Urheberrechte, urteilt der Bundesgerichtshof. Der BGH klärt damit viele Rechtsstreitigkeiten, die unterschiedlich entschieden wurden.
Künstler und Influencer sind kreative Menschen. Meistens jedenfalls. Das liegt in der Natur der Sache und bezieht sich nicht nur auf die eigene Tätigkeit. Auch wenn es darum geht, vermeintliche oder tatsächliche Rechte einzuklagen, ist manch einer aus dieser Branche überaus findig. Nun hat das höchste deutsche Zivilgericht in einem Teilbereich Klarheit geschaffen. In Zeiten von Instagram und Co. ist das Ganze schon lange ein internationales Problem.
Streit um das Recht am Motiv
Da gibt es die Geschichte der Influencerin, die ein Modelabel verklagt hat, weil dieses eine Kampagne mit ganz bestimmten Bildern bestritten hatte. Gezeigt wurden Models in einem Fahrstuhl, während sie mit einem Hund an der Leine ein Selfie von sich machen. Die Influencerin hat geltend gemacht, dieses Motiv mehr oder weniger erfunden zu haben – und wurde vom Gericht eines besseren belehrt. Das Motiv sei nicht besonders originell und schon häufiger in den sogenannten sozialen Netzwerken zu finden gewesen, urteilte der Cour d’appel in Paris. Eine Begründung, die auch vor deutschen Gerichten funktioniert hätte.
In Deutschland sind es immer wieder Fototapeten, die die Gerichte beschäftigen. Die gibt es wahlweise mit Waldansichten oder der Unterwasserwelt, mit Schnee- und Strandmotiven, mit der Skyline von New York oder auch mit Blick auf die Arena des heimischen Fußballvereins von innen. Die Fotografen haben in der Regel einen Vertrag mit dem Tapetenhersteller, manch einer hat jedoch auch einen lukrativen Nebenerwerb entdeckt. Zahlreiche Kleinunternehmer sind in der Vergangenheit zu hunderten abgemahnt worden, weil sie Bilder ins Netz gestellt hatten, auf denen auch die entsprechende Tapete zu sehen gewesen ist. Das gilt sinngemäß auch für andere Gegenstände, die im Hintergrund zu entdecken sind.
Verschiedene Urteile an den Gerichten
Die Gerichte haben darauf bisher überaus unterschiedlich reagiert. Zu einer gewissen Bekanntheit hat es ein Urteil des Landgerichts Köln gebracht. Eine Frau hatte ihre Ferienwohnung online angepriesen, auf den Bildern war die Tapete mit Tulpe zu sehen, auf die der Fotograf seinen Urheberanspruch stützte (Az. 14 O 350/21). Das Landgericht gab dem Fotografen Recht – und folgte damit im Kern einer rund zehn Jahre älteren BGH-Entscheidung. Der Bundesgerichtshof hatte damals einen Möbelhändler zur Zahlung verpflichtet, weil im Hintergrund auf den Fotos eines Prospektes ein Bild zu sehen war. Das hatte der Maler zwar dem Haus geliehen, aber nicht für den Prospekt. Das nur wenige Kilometer Luftlinie entfernte Landgericht Düsseldorf entschied einen vergleichbaren Sachverhalt im Tapetenstreit gerade anders.
Der BGH spricht Klartext
Nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Sache geklärt – und die Abmahn-Praxis des Fotografen beendet. Was für Gemälde gilt, das gilt für Tapeten nicht. Es sei „üblich und vorhersehbar“, dass Menschen Räume mit Fototapeten fotografieren und die Aufnahmen ins Internet stellen, so die Richter. Wenn der Fotograf das nicht wolle, müssten diese Einschränkungen beim Verkauf der Tapete den Käufern deutlich gemacht werden – etwa durch das Anbringen von Hinweisen.
Der erste Zivilsenat hatte es gleich mit drei Verfahren zu tun (Az. I ZR 139/23 ). Die Entscheidung gilt sowohl bei privater wie auch bei kommerzieller Nutzung der Tapete in einem Hotel. Dem Fotografen stehe es jedoch frei, Fotografien mit eingeschränkten Fotorechten zu verkaufen.