Nachbarn haben kein Recht, ein angrenzendes fremdes Grundstück zu durchqueren, nur weil das schon immer so gemacht wurde. Das hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe in einem Grundsatzurteil klargestellt.

Karlsruhe - Zwischen privaten Hauseigentümern kann kein Gewohnheitsrecht entstehen. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Grundsatzurteil festgestellt. Auch das Zugangsrecht zu sonst nicht erreichbaren Garagen kann deshalb nicht auf Gewohnheitsrecht gestützt werden, entschieden die Karlsruher Richter am Freitag.

 

Konkret ging es um drei Häuser in Herzogenrath bei Aachen (Nordrhein-Westfalen), die in den 1940er-Jahren errichtet worden waren. Später bauten die Eigentümer dahinter Garagen für ihre Autos. Der Zugang zu diesen Garagen war aber nur über ein benachbartes Betriebsgelände des Eschweiler Bergwerksvereins möglich. In einem Schriftwechselbestätigte der Verein 1969, dass die Garageneigentümer einen sechs Meter breiten Weg zu ihren Garagen nutzen können. Ins Grundbuch wurde dieses Wegerecht aber nie eingetragen.

Später verkaufte der Bergwerksverein sein Grundstück, inzwischen ist auch der damalige Käufer gestorben. Jetzt gehört das Nachbargrundstück einer Erbengemeinschaft, die den Zugang zu den Garagen nicht mehr duldet. 2016 kündigte sie den bisherigen „Leihvertrag“ und baute ein massives verschließbares Metalltor, um den Zugang zu versperren. Sie berief sich auf ihr Grundrecht auf Eigentum.

Geklagt hatten die Garageneigentümer

Dagegen klagten die Garageneigentümer und hatten zunächst Erfolg. Das Landgericht Aachen entschied 2017, dass das Tor offen bleiben muss. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln bestätigte das Urteil ein Jahr später. Beide Gerichte kamen zum Schluss, dass sich die Garageneigentümer nach all den Jahrzehnten auf ein Gewohnheitsrecht zur Nutzung des Wegs über das Nachbargrundstück berufen können. Ein Gewohnheitsrecht besteht nach allgemeinen Regeln dann, wenn es erstens eine lang andauernde Praxis gibt und zweitens die beteiligten Personen überzeugt sind, dass sie durch die Einhaltung dieser Praxis bestehendes Recht befolgen.

Der Bundesgerichtshof hat nun in einem Grundsatzurteil klargestellt, dass in diesem Fall kein Gewohnheitsrecht entstanden sein konnte. Ein Gewohnheitsrecht müsse sich wie ein Gesetz auf eine abstrakte Vielzahl von Fällen beziehen. Ein Gewohnheitsrecht könne also zwischen einzelnen Grundstückseigentümern gar nicht entstehen.

Der BGH macht den Garagenbesitzern aber wenig Hoffnung

Der Fall geht nun wieder zurück an das Oberlandesgericht Köln. Dieses soll prüfen, ob und wer hier ein sogenanntes Notwegerecht geltend machen kann. Ein Notwegerecht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch vorgesehen, wenn „die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege“ fehlt. Dann müsste die Erbengemeinschaft den Zugang weiter erlauben, hätte im Gegenzug aber Anspruch auf ein Entgelt seitens der Garageneigentümer.

Der Bundesgerichtshof machte den Garagenbesitzern aber wenig Hoffnung. Denn die Garagen waren einst ohne Baugenehmigung erstellt worden. Die Zufahrt zu Schwarzbauten sei aber keine „ordnungsmäßige Benutzung“, urteilt der BGH. Die Garagen seien auch nicht nachträglich genehmigungsfähig, da sie ja nicht „erschlossen“ seien. Ein Notwegerecht zu den Garagen komme deshalb nicht in Frage, so die Karlsruher Richter. Im Klartext: Weil die Garagen ohne offiziellen Zugang gebaut worden waren, gibt es nun auch kein Notwegerecht.

Nur ein Kläger, ein Existenzgründer, der hinter seinem Haus neben den Garagen eine Werkstatt eingerichtet hat, kann auf ein Notwegerecht hoffen. Er sei auf Zulieferverkehr zu seiner Werkstatt angewiesen, argumentierten die BGH-Richter. Zunächst bleibt das Metalltor aber noch geöffnet. Die Erbengemeinschaft hatte zugesagt, dass sie den Zugang bis zum Abschluss des Rechtsstreits gewährt. (Aktenzeichen AZ V ZR 155/18)