Der Finanzminister legt einen Haushaltsentwurf vor - und weiß genau, dass er ihn schon bald enorm umkrempeln muss. Die Coronakrise bringt auch die Finanzplanung durcheinander.

Berlin - Noch steht die schwarze Null - doch wie lange Finanzminister Olaf Scholz (SPD) seinen Haushalt ohne neue Schulden halten kann, ist angesichts der Coronakrise ungewiss. „Wir können und werden alles tun, um unser Land durch diese schwierige Zeit zu führen“, versprach der Vizekanzler am Mittwoch.

 

Doch er musste auch einräumen: „Der Kampf gegen die Folgen des Coronavirus wird natürlich erhebliche Auswirkungen auf die Haushaltsplanung für 2021 haben.“ Die ersten Pläne für genau diesen Etat segnete das Bundeskabinett in Berlin ab. Sie versprechen deutliche Entlastungen für die Bürger durch Grundrente und Soli-Abbau - doch die Folgen der Pandemie sind überhaupt noch nicht berücksichtigt.

Auswirkungen sind noch ungewiss

Scholz legte seinen Kabinettskollegen einen Haushalt unter Vorbehalt vor. Die Auswirkungen der Viruskrise könnten derzeit nicht seriös beziffert werden, hieß es im Finanzministerium. Viele Ökonomen rechnen damit, dass Deutschland in eine Rezession abrutscht - damit brechen voraussichtlich auch die Steuereinnahmen ein. Dies soll nach der nächsten Steuerschätzung im Mai nachträglich in den Etat für 2021 und in die Finanzplanung bis 2024 eingearbeitet werden.

Schon in diesem Jahr wird die Bundesregierung Geld für die bereits beschlossenen Milliardenhilfen für die Wirtschaft benötigen. „Die dafür notwendigen Mittel werden im Bundeshaushalt 2020 zusätzlich bereitgestellt“, versprach das Ministerium. Möglicherweise muss es dafür einen Nachtragshaushalt geben. Scholz hatte zuletzt auch eine neue Verschuldung für die Hilfsprogramme nicht ausgeschlossen. Es sei nicht unplausibel, dass es nun zusätzlichen Geldbedarf gebe, hatte er gesagt. „Man darf einer Krise nicht hinterhersparen“.

Scholz sende damit das richtige Signal, betonte SPD-Fraktionsvize Achim Post. „Die Krisenbewältigung darf und wird nicht am Geld scheitern“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Jetzt gehe es darum, das Gesundheitssystem, die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt vor einem Kollaps zu schützen. Auch FDP-Haushälter Otto Fricke zeigte Verständnis für die Ausnahmesituation. „Klar ist: Die schwarze Null darf kein Dogma sein“, sagte er. Nach der Krise müsse jedoch ein ausgeglichener Haushalt wieder Ziel sein.

Vorübergehend plant Scholz weiter mit Rekordinvestitionen und der schwarzen Null. Die Ausgaben des Bundes sollen im kommenden Jahr um 2,3 Prozent auf 370,3 Milliarden Euro steigen. Die Details:

Investitionen

Schon in diesem Jahr investiert der Bund eine Rekordsumme - das soll auf dem gleichen Niveau weitergehen: Jedes Jahr sind fast 43 Milliarden eingeplant, vor allem für den Verkehrssektor und den Breitband-Ausbau. Von 2021 bis 2024 will die Bundesregierung 171,6 Milliarden Euro investieren. Noch dazu kommen erhebliche Mittel für den Klimaschutz und die Digitalisierung der Schulen.

Grundrente

Ab 2021 sollen die Renten von rund 1,3 Millionen Menschen mit kleinen Bezügen aufgebessert werden. Langjährige Geringverdiener, die mindestens 33 Jahre an Beitragszeiten für Beschäftigung, Erziehung oder Pflege vorweisen können, sollen die Grundrente erhalten können. Im Startjahr soll sie 1,4 Milliarden Euro kosten. Zur Gegenfinanzierung rechnet Scholz mit der geplanten Steuer auf Aktienkäufe, die auf EU-Ebene derzeit aber noch stark umstritten ist.

Soli-Abbau

Spätestens im kommenden Jahr soll der Solidaritätszuschlag für 90 Prozent der jetzigen Zahler wegfallen. Wer etwas mehr verdient, soll ihn noch teilweise zahlen, nur die mit den höchsten Einkommen noch ganz. Scholz rechnet damit, dass der Bund von 2021 bis 2024 deshalb knapp 45 Milliarden Euro weniger an Steuern einnimmt - Geld, das die Bürger mehr in der Tasche haben. Ab Januar gibt es außerdem erneut mehr Kindergeld: Pro Kind und Monat ein Plus von 15 Euro. Auch der Kinderfreibetrag wird entsprechend erhöht.

Verteidigung

Der Etat von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) soll auf 45,63 Milliarden Euro anwachsen (Haushalt 2020: 45,05). Damit ist er hinter dem Sozialhaushalt der zweitgrößte aller Ministerien. Ausdrücklich genannt werden im Entwurf Rüstungskooperationen mit Frankreich und Norwegen sowie große Beschaffungsvorhaben: Eurofighter, die Pegasus-Aufklärung, die Tornado-Nachfolge und mehrere weitere Projekte. Die Linken- Abgeordnete Sevim Dagdelen forderte den sofortigen Stopp aller „Aufrüstungsvorhaben“: Angesichts der unklaren Virus-Folgen dürfe die Bundesregierung nicht Steuergeld in Milliardenhöhe auf Jahre binden.

Innere Sicherheit

Auch Innenminister Horst Seehofer (CSU) bekommt mehr Geld - mit einem Plus von 6,2 Prozent sogar die größte Steigerung aller Ministerien im Vergleich zum aktuellen Etat. Für 2021 bedeutet das einen Haushalt von fast 16 Milliarden Euro.