Bei einer Veranstaltung unserer Zeitung mahnt Bundeskanzler Olaf Scholz deutsche Firmen, zu starke Abhängigkeiten von China zu vermeiden. Kritik an seiner Ukraine-Politik weist er entschieden zurück.

Politik/Baden-Württemberg: Rainer Pörtner (pö)

Bundeskanzler Olaf Scholz hat die deutschen Unternehmen aufgefordert, einseitige Abhängigkeiten von China zu vermeiden und ihre Geschäftsbeziehungen darauf hin zu überprüfen. Trotz der schweren Menschenrechtsverletzungen in China halte er jedoch nichts davon, dass sich die deutsche Wirtschaft aus dem Land verabschiede, betonte der SPD-Politiker am Freitagabend bei einer Veranstaltung der Stuttgarter Nachrichten, ihrer Partnerverlage sowie der Stuttgarter Zeitung.

 

„Das macht keinen Sinn, sich aus China zurückzuziehen“, sagte Scholz vor rund 400 Leserinnen und Lesern unserer Zeitung. Die deutschen Firmen müssten jedoch „genauer die Lieferketten“ anschauen. Da seien einige in den letzten Jahren „zu unvorsichtig“ gewesen. Es gelte auch hier die alte ökonomische Weisheit, dass man als Unternehmen „nicht alle Eier in einen Korb legen“ sollte. Für neue, verschärfte Sanktionen sprach sich der Bundeskanzler allerdings nicht aus.

Menschenrechtsprobleme müssten klar angesprochen werden

Hintergrund der Debatte sind neue Berichte über die Unterdrückung der muslimischen Minderheit der Uiguren in China. Solche Menschenrechtsverletzungen müssten klar angesprochen werden, erklärte Scholz. Auch wenn China zu einem großen, mächtigen Land herangewachsen sei, dürfe man dazu nicht schweigen. Wie die Wirtschaft müsse auch die Politik den Blick weiten und sich um verstärkte Partnerschaften mit Ländern in Asien oder Afrika bemühen.

Er sei gerade in Afrika gewesen und lade wichtige asiatische Regierungschefs zum G-7-Gipfel nach Deutschland ein. „Schaut auch auf diese Länder“, erklärte Scholz. Wenn es gelinge, viele diese Staaten als Partner für Deutschland zu gewinnen, „dann muss man sich nicht vor einem Land fürchten“.

Scholz weist Kritik aus der Ukraine zurück

In der Veranstaltung verteidigte Scholz seinen Kurs zum russisch-ukrainischen Krieg. Erst am Morgen hatte ihn der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, scharf kritisiert. „Militärisch wird die Ukraine von Berlin schlicht und einfach im Stich gelassen“, hatte der Botschafter gesagt. Deutschland sei „sehr entschieden auf der Seite der Ukraine“, betonte der Bundeskanzler indes in Stuttgart. Nach der EU und den USA sei Deutschland drittgrößter Geldgeber der Ukraine und einer der wichtigsten Waffenlieferanten. Diese Belieferung mit Waffen und Munition werde es so lange geben, „bis Russland von seinem Angriff ablässt“.

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Angesichts der weltpolitischen Krisen betonte Scholz den Zusammenhalt der deutschen Gesellschaft. „Wer den gesellschaftlichen Zusammenhalt nicht beachtet, kriegt einen Trump oder einen Brexit.“ Eine solche Entwicklung passiere immer dann, wenn ein großer Teil der Bürgerinnen und Bürger den Eindruck habe, es gehe nicht um sie.