Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und die „Wirtschaftswoche“ präsentieren ihr Bundesländer-Ranking. Baden-Württemberg ist demnach leistungsfähig und garantiert eine hohe Lebensqualität – aber krisenbedingt war es zuletzt eher verschlafen.

Stuttgart - Baden-Württemberg findet noch nicht so recht auf die Überholspur zurück“. So fassen die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) und die „Wirtschaftswoche“ das Ergebnis des von ihnen beauftragten „Bundesländerrankings 2012“ zusammen. Der Südwesten hat danach aktuell nach Bayern und vor Hamburg zwar das zweithöchste Niveau geschafft, sich aber im Zeitraum von 2008 bis 2011 am schlechtesten entwickelt.

 

Ermittelt werden die Ergebnisse von IW Consult, einer Tochtergesellschaft des wirtschaftsnahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Die – nach eigener Darstellung – „Spezialisten für praxisorientierte Studien mit wissenschaftlichem Hintergrund“ haben namhafte Auftraggeber, Bundesministerien, Wirtschafts- und Industrieverbände, Unternehmen und Kammern. Zum zehnten Mal haben sie jetzt die Bundesländer bewertet.

Das erfolgt nach „rund hundert sozio-ökonomischen Indikatoren, mit denen Leistungsfähigkeit, Lebensqualität und soziale Ausgewogenheit der Bundesländer gemessen und verglichen werden“. Solche Indikatoren sind zum Beispiel die Kaufkraft, die Investitionsquote, die Dichte von Kinderbetreuungseinrichtungen, aber auch die Zahl der Hartz-IV-Empfänger, die Zahl von Straftaten oder von Schulabgängern ohne Abschluss.

Die Innovationskraft macht’s

Aktuell ist Baden-Württemberg also der zweitbeste Standort in der Bundesrepublik. Eine der Ursachen hierfür ist die Innovationskraft. Im Südwesten wird „die höchste Patentintensität“ festgestellt. „Nirgendwo wird mehr erfunden.“ Im Verhältnis zur Einwohnerzahl gibt es auch nirgendwo sonst mehr Ingenieure. Nirgendwo sonst haben jüngere Arbeitslose bessere Chancen, einen Einstieg in Arbeit zu finden. Platz zwei belegt der Südwesten bei der Arbeitslosenquote, Platz vier bei der Kaufkraft und bei der Arbeitslosenquote.

Was den Niveaurang des Landes ungünstig beeinflusst, sind aus der Sicht der Gutachter die hohen Arbeitskosten. Hier kommt Baden-Württemberg nur auf Rang 14. Auch seine hohe Dichte an Beschäftigten im öffentlichen Dienst wirkt sich in der Betrachtung nachteilig aus. Nur noch Thüringen, Berlin und Sachsen-Anhalt werden da noch schlechter eingestuft. Auch beim Anteil betreuter Kinder unter drei Jahren landet Baden-Württemberg im letzten Drittel. Alles zusammengerechnet kommt dennoch der zweitbeste Platz heraus.

Bei der Dynamik liegt das Land hinten

Das muss man betonen, denn in der Dynamik wird das Land am schlechtesten von allen 16 Bundesländern bewertet. „Deutschland ist in den Jahren 2008 bis 2011 mit einem Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts von 1,3 Prozent aus dem zurückliegenden Konjunkturtal gestartet,“ sagt der Studienleiter Michael Bahrke. „In Baden-Württemberg waren es nur 0,4 Prozent.“ Das sei zwar auf einem hohen Niveau passiert. Das aber herrsche auch in Bayern. Und die Nachbarn im Osten haben 3,4 Prozent Zuwachs geschafft. Berlin schnitt hier mit plus 4,5 Prozent am besten ab. Der Südwesten lebe von seiner Auto- und Maschinenbauindustrie sehr gut, sei „durch diese Monostruktur aber empfindlich gegen Konjunkturschwankungen“, urteilen die Forscher. Das Land sei darum schwerer von der Konjunkturkrise der Jahre 2008 bis 2011 getroffen worden. Doch habe Baden-Württemberg „beste Chancen, auch wieder mehr Dynamik zu gewinnen, wenn es an seinen traditionellen Stärken festhält“.

Hier zeigen sich freilich auch die Grenzen des Konzepts. So wirkt sich fürs Land zum Beispiel nachteilig aus, dass sich die Arbeitslosenquote in der Zeit von 2008 bis 2011 nur um 0,1 Prozentpunkte verbessert hat. Das war im Ländervergleich die zweitgeringste Verbesserung. Thüringen liegt hier auf Platz eins. Dort hat sich die Quote um 2,4 Punkte verbessert – auf 8,8 Prozent. Im Land betrug sie zum gleichen Zeitpunkt 4,0 Prozent, was den zweitbesten Platz und nahezu Vollbeschäftigung bedeutet, wie die INSM-Leute selbst sagen. Ähnlich konnte das Land die ohnehin schon zweitbeste Quote der Hartz-IV-Empfänger nur um 0,1 Prozentpunkte senken; auch das wirft den Südwesten rechnerisch zurück.

Paradoxe Rechnung

Einigermaßen paradox wird die Rechnung bei der Innovationskraft. Baden-Württemberg ist hier am besten. Es schaffte vergangenes Jahr 133 Patente je 100 000 Einwohner. Bayern folgt mit einigem Abstand – 106 Patente je 100 000 Einwohnern – auf Rang zwei. In der dynamischen Betrachtung ist der Südwesten aber das Schlusslicht, denn die Patentdichte ist in drei Jahren um sieben gefallen. Sieger in der Betrachtungsweise ist Sachsen. Dort konnte man je 100 000 Einwohner zwei Patente mehr anmelden – nämlich 25.

Brandenburg ist in diesem Dynamikranking der Sieger „Kein anderes Bundesland hat sich in den Jahren 2008 bis 2011 besser entwickelt,“ so die Autoren. In der Niveaubetrachtung liegt es auf Rang 13.