Nach dem grünen Licht der Politik für den Saison-Neustart im Profifußball haben die 36 Klubchefs über den weiteren Ablauf der Spielzeit beraten. Der Startschuss erfolgt jetzt am 16. Mai.

Frankfurt/Main - An einer Stelle seines Monologs war der Nachdruck in Christian Seiferts Stimme unüberhörbar, die weit geöffneten Augen sagten alles über die Tragweite seiner Mahnung in Richtung der Klubs und ihrer Profis. „Jedem in der Liga muss klar sein, dass wir auf Bewährung spielen“, sagte der Boss der Deutschen Fußball Liga (DFL) am Donnerstag bei der Vorstellung des Konzepts für den Saison-Neustart trotz Coronakrise am 16. Mai: „Ich erwarte von jedem Einzelnen, dass er seiner Verantwortung gerecht wird. Die Umsetzung des Konzepts muss bei jedem Verein Chefsache sein.“

 

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Das ist auch bitter nötig. Schließlich wird der Wiederbeginn der Bundesliga und der 2. Liga nach exakt 66 Tagen Zwangspause, der um einen Tag im Vergleich zu den ursprünglichen Plänen verschoben wurde, sofort zum Härtetest für die neue Fußball-Normalität. „Die Spiele werden sich anders anfühlen und anders sein“, äußerte Seifert nach den virtuellen Beratungen der 36 Klubchefs: „Die konsequente plus disziplinierte Umsetzung des Konzepts liegt in den Händen der Klubs und ihrer Angestellten. Wir werden uns an alle staatlichen Vorgaben halten. Wir wollen dem Vertrauensvorschuss gerecht werden.“

Konzept beinhaltet zwei englische Wochen

Konkret sieht der DFL-Plan vor, ganz regulär mit dem 26. Spieltag fortzufahren und die Saison am 27./28. Juni zu Ende zu bringen. Dass es bei der zweiten Welle der Corona-Tests in den beiden Ligen zwei weitere positive Ergebnisse gegeben hat, ändert nichts daran. 

Das Konzept für die ausstehenden neun Spieltage beinhaltet zwei englische Wochen plus das Nachholspiel zwischen Eintracht Frankfurt und Werder Bremen. Alle Partien werden als sogenannte Geisterspiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgetragen, wobei zu Beginn vor allem das Traditionsderby zwischen Borussia Dortmund und Schalke 04 die Blicke auf sich ziehen wird.

Im Vorfeld des Neustarts müssen alle Mannschaften in ein einwöchiges Quarantäne-Trainingslager gehen. Die vom Weltverband FIFA ermöglichte Auswechslung von fünf Spielern zieht die DFL in Erwägung, teilweise Übertragungen im Free-TV scheinen geplant. „Wir wissen, dass wir Spielern, Trainer und Betreuern einiges zumuten. Aber es sind besondere Bedingungen“, sagte Seifert: „Alle haben gleiche Rahmenbedingungen. Ich erwarte den bestmöglichen Sport unter diesen Bedingungen.“

Es hatte Streit um den Starttermin gegeben

Im Vorfeld der Beratungen hatte es Streit um den Starttermin gegeben, der vom zuständigen DFL-Präsidium festgelegt wurde. So hatten sich unter anderem die Verantwortlichen von Werder Bremen und des FSV Mainz 05 für einen späteren Zeitpunkt ausgesprochen. Die große Mehrheit der Klubs, darunter Rekordmeister Bayern München, Borussia Dortmund und RB Leipzig, plädierte aber für einen frühestmöglichen Neustart. „Wir brauchen Flexibilität“, äußerte Seifert: „Des ist nur sinnvoll, so schnell wie möglich wieder anzufangen.“

Am Mittwoch hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel und die 16 Ministerpräsidenten der Länder den Weg für den Saison-Wiederbeginn mit einem am Ende einstimmigen Beschluss nach heftigen Diskussionen freigemacht. Trotz der Kritik und den Risiken bezeichnete der Großteil der Spitzenpolitiker den Beschluss als „vertretbar“, da so der wirtschaftliche Schaden begrenzt werde.

Grundlage der Entscheidung war das DFL-Konzept, welches die Durchführung der Partien „mit medizinisch vertretbarem Risiko“ zum Ziel hat. Dafür wird der Profifußball wohl 20.000 Tests bis zum Saisonende benötigen. Mit Blick auf die Logistik sieht das Konzept vor, dass sich „zeitgleich maximal etwa 300 Personen“ während einer Begegnung auf dem Stadiongelände aufhalten sollen.

Große Erleichterung bei den Fußball-Klubs

Der Beschluss der Politik hatte zu großer Erleichterung bei den Klubs geführt. Die Zukunft zahlreicher Vereine, insgesamt 56.000 Arbeitsplätze und 770 Millionen Euro standen für die Branche auf dem Spiel. Allerdings wird die Liga auf Bewährung spielen - daran ließen Spitzenpolitiker wie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder keine Zweifel. Vor allem das entlarvende Video des Berliners Salomon Kalou hat den schmalen Grat aufgezeigt, auf dem der Fußball wandelt.

Die Verfehlung des mittlerweile suspendierten Profis war Wasser auf die Mühlen der zahlreichen Zweifler, die trotz der politischen Entscheidung nicht verstummt sind. So sehen einige andere Sportarten, zahlreiche Virologen, SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach und Bremens Innensenator Ulrich Mäurer den Neustart aus diversen Gründen als Fehlentscheidung. Dabei führen sie medizinische und gesellschaftliche Aspekte sowie Fragen der Sicherheit und Gleichbehandlung an.