Zwei Tage nach seinem Suizidversuch kann Schiedsrichter Babak Rafati die Klinik verlassen.

Dortmund/Köln - Zwei Tage nach seinem Suizidversuch ist Schiedsrichter Babak Rafati am Montag aus dem Kölner Krankenhaus Holweide entlassen worden. Der 41-Jährige soll inzwischen in seine Heimatstadt Hannover zurückgekehrt sein. Derweil hat Liga-Präsident Reinhard Rauball eindringlich an alle Beteiligten im deutschen Fußball appelliert, den Umgang mit den Schiedsrichtern intensiv zu überdenken und auch zu verändern.

 

„Man muss ständig über dieses Thema reden. Ich werbe sehr dafür, dass man seine Einstellung überdenkt“, erklärte Rauball nach der Mitgliederversammlung des BVB in Dortmund. Rafati hatte wenige Stunden vor dem Bundesligaspiel 1. FC Köln gegen FSV Mainz 05 versucht, sich in einem Kölner Hotel das Leben zu nehmen.

Rauball: "Wir hoffen, dass es ihm bald besser geht"

Rauball wollte über keine Einzelheiten im Zusammenhang mit dem Selbsttötungsversuch des Referees sprechen, wünscht sich aber eine schnelle Rückkehr des 41-jährigen Hannoveraners auf die Bundesliga-Bühne: „Wir hoffen, dass es ihm bald besser geht, und dass er eines nahen Tages wieder als Schiedsrichter auf dem Spielfeld zu sehen ist.“

„Ich würde alle Zuschauer bitten, zu überdenken, ob gewisse Reaktionen gegenüber Schiedsrichtern erforderlich sind oder nicht“, appellierte Rauball. Auch er werde für sich selbst den Umgang überdenken: „Manchmal ist man ungerecht gegenüber Schiedsrichtern. Wenn man sich nachher die Zeitlupe anschaut, ist man erstaunt darüber, wie häufig der Schiedsrichter recht hat.“ Fakt aber sei: „Becher auf Schiedsrichter werfen, darf man nicht dulden. Vielleicht sollten die wahren Fans, die so etwas nicht tun, diejenigen in die Schranken weisen, die so etwas doch tun.“

Labbadia: "Eine menschliche Tragödie"

Auch der Trainer des VfB Stuttgart, Bruno Labbadia, fordert einen neuen Umgang mit den Schiedsrichtern: „Wir müssen uns Gedanken machen, ob wir in allen Dingen richtig handeln. Zum Beispiel, dass man, wie ja auch in diesem Fall extrem, jedes Jahr entscheiden muss, wer der schlechteste Schiedsrichter ist“, sagte Labbadia bei „Sport im Dritten“ im SWR-Fernsehen.

Labbadia hat schon beim Bundesligaspiel am Sonntag gegen den FC Augsburg (2:1) bei sich selbst Veränderungen ausgemacht. „Natürlich ist man ein Stück verärgert, wenn Fehlentscheidungen fallen, wie das auch heute das eine oder andere Mal der Fall war. Aber man versucht dann, bewusster aufzupassen, dass man es nicht übertreibt“, schilderte Labbadia die Einflüsse des Rafati-Dramas auf sein eigenes Verhalten. Der Selbsttötungsversuch des Hannoveraners sei „eine menschliche Tragödie“.

Zu den umstrittenen Ranglisten sagte der VfB-Coach: „Ich weiß nicht, welcher Sinn dahinter steckt und ob uns das weiterbringt. Man muss ja immer überlegen, dass hinter jedem, der so gewählt wird, ein Mensch steht. Das wird im Leistungssport oft, gerade im Fußball, extrem vergessen.“

"Kicker" gibt sich selbstkritisch

Das Sportmagazin „Kicker“ führt seit 1999 halbjährige Umfragen unter den Bundesligaprofis durch. Seit 2006 wird auch nach dem schwächsten Schiedsrichter gefragt. Rafati war dreimal von den Profis als schlechtester Spielleiter gesehen worden.

Laut Chefredakteur Klaus Smentek überlegt das Fachblatt jetzt, diese Frage in Zukunft zu streichen. „Wir machen die Umfrage auf jeden Fall weiter, aber wir werden darüber diskutieren, ob wir die Frage nach dem schwächsten Schiedsrichter in Zukunft drin lassen“, sagte Smentek am Montag.

Für Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge sind auch die Zwänge durch den Weltverband FIFA, umstrittene Regeln und nicht akzeptierte visuelle Hilfsmittel mitverantwortlich für die Situation der Unparteiischen. „Die FIFA lässt die Schiedsrichter im Regen stehen. Zum Beispiel beim passiven Abseits oder bei der Torkamera - sie tut nichts, um die Schiedsrichter zu unterstützen", sagte Rummenigge in einem Interview der Tageszeitung „Die Welt“.