Vor allem abschreckend sollen sie wirken: kleine Kameras, die Polizeibeamte auf der Schulter oder an der Brusttasche ihrer Uniform tragen. Die Stuttgarter Bundespolizei beteiligt sich an der Erprobung des neuen Systems.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Das Auffälligste an der Uniform der Beamten Meriam Causev und Yannick Dotzek ist das mit Klettverschluss an den Westen festgemachte Schild mit der Aufschrift „Videoüberwachung“. Die Neuerung, um die es eigentlich geht, ist wesentlich weniger auffällig. Auf Dotzeks Schulter sitzt ein kleines, schwarzes, röhrenförmiges Gerät. Bei Causev ist ein viereckiges Kästchen vor der Brusttasche angebracht. Die beiden tun Dienst bei der Bundespolizeiinspektion Stuttgart und sind zwei der zwölf Beamten, die sich bereiterklärt haben, für eine einjährige Testphase mit Körperkameras auf Streife zu gehen.

 

Stuttgart ist nach München, Berlin, Köln und Düsseldorf deutschlandweit die fünfte Stadt, in der die Bundespolizei die Kameras einsetzt. Es gehe dabei vor allem darum, die Beamten vor Übergriffen zu schützen, erläutert Steffen Zaiser, Sprecher der Bundespolizei. Es sei in den zurückliegenden Jahren immer wieder zu Übergriffen auf Polizeibeamte gekommen. Von den Kameras erhoffe man sich den Effekt, dass Angreifer sich eines Besseren besinnen und von den Beamten ablassen, wenn sie wissen, dass sie gefilmt werden.

Die Aufnahmen auslesen darf nur der Dienstgruppenführer

Die Kameras sind zwar dauerhaft an der Uniform angebracht, aber nicht ununterbrochen in Betrieb. „Die Kollegen müssen erst ankündigen, dass sie jetzt Aufnahmen machen, bevor die Geräte eingeschaltet werden“, sagt der Polizeisprecher. Schon allein von dieser Ankündigung erhoffe man sich die abschreckende Wirkung. Die Polizisten dürfen das dritte Auge des Gesetzes einschalten, wenn sie befürchten, Opfer einer strafbaren Handlung zu werden, oder wenn ihnen ihr „polizeiliches Gespür“ sage, dass die Situation brenzlig werden könne.

In den ersten drei Monaten des Jahres habe es 34 Fälle gegeben, in denen Bundespolizisten in Stuttgart angegangen wurden. „Das ist gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung um 42 Prozent“, so Zaiser. Als Anlass könnte es ausreichen, dass die Beamten die Personalien eines Schwarzfahrers aufnehmen wollen. Die zunächst zwölf Beamten, welche die Kameras einsetzen, seien extra geschult worden. Dabei ging es sowohl um die Technik als auch die juristischen Bedingungen. Die Aufnahmen auslesen darf nur der Dienstgruppenführer. Werden die Bilder nicht als Beweise in einem Verfahren gebraucht, müssen sie gelöscht werden. Bei höchster Auflösung reiche der Speicherplatz für eine Stunde 45 Minuten, bei der niedrigsten für einen Tag.

Erfahrungen der Landespolizei – zum Beispiel in Hessen – hätten gezeigt, dass die Kameras den gewünschten Effekt haben. In Stuttgart soll der Testbetrieb in einem Jahr ausgewertet werden.