Die Pkw-Maut hat im Deutschen Bundestag die letzte Hürde genommen, aber die Länderkammer kann ihre Umsetzung verzögern – mindestens.

Berlin - Der Bundestag hat am Freitag mit den Stimmen der Koalition die Pkw-Maut beschlossen. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) bejubelte ihre Verabschiedung. Sie schaffe „endlich Gerechtigkeit“ auf deutschen Straßen. Die Abgabe wird auf allen Bundesautobahnen und Bundesstraßen erhoben, für ausländische Pkw-Halter auf Bundesstraßen ausgesetzt. Da deutsche Halter über die KfZ-Steuer in gleicher Höhe entlastet werden sollen, zahlen unter dem Strich nur Ausländer.

 

Für die CSU ist ihre Durchsetzung ein politischer Erfolg. Aber für knallende Sektkorken ist es zu früh. Nun hat der Bundesrat das Wort. Das Gesetz ist nicht zustimmungspflichtig, aber die Länderkammer kann die Verabschiedung mindestens verzögern – durch die Anrufung des Vermittlungsausschusses. Wenn dort keine Einigung zwischen Bundesregierung und Ländern erzielt wird, gibt es ein „unechtes Vermittlungsergebnis“, das durch den Bundestag dann endgültig zurückgewiesen werden kann. Damit wäre das Gesetz dann beschlossen. Es sind aber gerade keine normalen politischen Zeiten: Die Wahlperiode geht dem Ende entgegen. Wenn bis zu ihrem Ende das Vermittlungsverfahren nicht abgeschlossen wäre, müsste die künftige Bundesregierung wieder bei Null beginnen.

Vermittlungsausschuss wird wahrscheinlicher

Das regt bei den Maut-Gegnern in den Ländern die Fantasie an. Es gäbe eine Chance für die Anrufung des Vermittlungsausschusses. Die Länder ohne Regierungsbeteiligung der Union haben 38 von 69 Stimmen. Und es gibt auch eine tatsächliche Mehrheit der Maut-Kritiker. Ob es zur Vermittlung kommt, ist noch nicht sicher, wird aber immer wahrscheinlicher. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat schon klar gemacht: „Ich kann mir gut vorstellen, dass wir versuchen werden, die Maut durch eine Anrufung des Vermittlungsausschusses doch noch zu verhindern.“ NRW hat sich gestern auch festgelegt. Selbst von Saarlands Regierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) kamen schon Andeutungen. Auch ihre rheinland-pfälzische Amtskollegin Malu Dreyer (SPD) hatte sich schon für den Vermittlungsausschuss stark gemacht.

Grüne in Baden-Württemberg skeptisch

Und Baden-Württemberg? Ministerpräsident Kretschmann (Grüne) hält nichts von der Maut, nennt sie ein „falsches Signal an Europa“. Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) hat sogar schon mit Schleswig-Holstein einen Antrag im Finanzausschuss des Bundesrates eingebracht, um in die Vermittlung zu gehen. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) ist ohnehin vehementer Maut-Gegner und appelliert im Gespräch mit unserer Zeitung an den Koalitionspartner, die Vermittlung zu akzeptieren, „um wenigstens Verbesserungen für die Grenzregionen zu erzielen“. Dort werden abschreckende Wirkungen auf den kleinen Grenzverkehr befürchtet.

Koalitionspartner CDU findet Maut gut

Die Union im Südwesten findet aber die Maut gut. Der CDU-Fraktionschef im Landtag, Wolfgang Reinhart, teilt auch nicht die Bedenken in Sachen Grenzregion. Er sagt: „Wer in Grenznähe wohnt, fährt ohnehin häufig ins Nachbarland und wird dies weiterhin tun.“ Die Pkw-Maut solle „ohne weitere Verzögerungen“ umgesetzt werden. Der Bundesrat entscheidet am 23. März über das weitere Verfahren. Baden-Württemberg wird sich wohl enthalten, auch wenn Regierungssprecher Rudi Hoogvliet unserer Zeitung sagt: „Das ist noch offen.“