Die Koalitionsmehrheit will den Bundesnachrichtendienst und die anderen Geheimdienste besser kontrollieren. Der Opposition, Netzaktivisten und Datenschützern geht das nicht weit genug.

Berlin - Als Konsequenz aus dem NSA-BND-Skandal um Spionage unter Freunden werden der Bundesnachrichtendienst (BND) und die anderen Geheimdienste in Deutschland künftig stärker kontrolliert. Mit den Stimmen der schwarz-roten Koalition will der Bundestag am Freitag (9.00 Uhr) die beiden entsprechenden Gesetzentwürfe verabschieden. Eine Mehrheit gilt als sicher, die Opposition aus Linken und Grünen kritisiert die Koalitionspläne heftig. Auch Datenschützer und Netzaktivisten bemängeln, mit den Plänen würden umstrittene breit angelegte Schnüffelaktionen erst legitimiert.

 

Der BND war im Zusammenhang mit der weltweiten Datenschnüffelei des US-Geheimdienstes NSA und umstrittenen eigenen Abhöraktionen gegen befreundete Staaten in die Kritik geraten.

Kernpunkte des BND-Gesetzentwurfs:

Unabhängige Kontrolle:

Mit dem neuen externen Richter-Gremium reagiert die Koalition auf Vorwürfe, der BND habe ein unkontrollierbares Eigenleben entwickelt. Das dreiköpfige „Unabhängige Gremium“ besteht aus zwei Richtern und einem Bundesanwalt am Bundesgerichtshof. Es soll vom Kanzleramt über brisante Aktionen des deutschen Auslandsgeheimdienstes informiert werden und etwa auch seine Zustimmung zu möglicher Spionage gegen Einrichtungen der EU oder ihrer Mitgliedsstaaten geben müssen.

Die Kontrolleure sollen stichprobenartig jederzeit die vom BND eingesetzten Spionage-Suchbegriffe (Selektoren) überprüfen können. In der Affäre war kritisiert worden, dass der BND zum Teil unzulässige Begriffe etwa gegen befreundete Staaten verwendet hat.

Abhöraktion:

Ausdrücklich erlaubt wird Spionage gegen EU-Institutionen oder -Mitgliedstaaten, etwa wenn es um Gefahren für die innere und äußere Sicherheit, die Handlungsfähigkeit Deutschlands oder „Erkenntnisse von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung“ geht. Kritiker bemängeln dies als zu schwammig.

Verantwortung:

Anders als bisher muss das Kanzleramt auf Antrag des BND-Präsidenten oder eines Vertreters die Spionage in internationalen Telekommunikationsnetzen künftig anordnen. Damit sollen klare Verantwortlichkeiten sichergestellt werden. Früher waren auch heikle Überwachungsmaßnahmen von niedriger BND-Ebene genehmigt worden.

Wirtschaftsspionage:

Ausdrücklich festgeschrieben wird, was schon gilt: Spionage mit dem Ziel von Wettbewerbsvorteilen für deutsche Unternehmen ist verboten. Es heißt aber auch, die Aufklärung von wirtschaftspolitisch bedeutsamen Vorgängen könne erforderlich sein.

Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten:

Die Kooperation mit internationalen Partnerdiensten wie dem umstrittenen US-Geheimdienst NSA wird unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Ziele dieser Zusammenarbeit müssen demnach etwa der Anti-Terror-Kampf, die Unterstützung der Bundeswehr im Auslandseinsatz oder Informationen zur Sicherheitslage von Deutschen im Ausland sein.

Kernpunkt des Gesetzentwurfs zur Geheimdienstkontrolle:

Ständiger Bevollmächtigter

Weil den Abgeordneten im geheim tagenden Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages oft Zeit für eine tiefere Kontrolle fehlt, wird das Amt eines hauptamtlich arbeitenden „Ständiger Bevollmächtigten“ geschaffen. Er wird von dem Gremium eingesetzt, soll „kontinuierliche und strukturierte Untersuchungen“ anstellen und die Arbeit der verschiedenen Kontrollgremien koordinieren.

Die Spitze der Unionsfraktion hat sich darauf geeinigt, dass ein Experte des Bundesinnenministeriums die Aufgabe übernimmt. Der Jurist Arne Schlatmann führt bisher die Unterabteilung Rechts- und Grundsatzangelegenheiten der öffentlichen Sicherheit im Ministerium.

Whistleblower:

Der Schutz für Mitarbeiter der Geheimdienste, die über Missstände informieren, soll verbessert werden.

Öffentlichkeit:

Jährlich soll es öffentliche Anhörungen der Präsidenten der Nachrichtendienstes des Bundes durch das Kontrollgremium geben - bisher waren die Sitzungen streng geheim.

Information:

Wenn die Fraktionschefs es wünschen, dürfen Mitglieder des Kontrollgremiums sie künftig informieren - bislang waren die Kontrolleure zum Schweigen verdonnert.