Clara Meier möchte im Wahlkreis Nürtingen das Bundestagsmandat für Die Linke erobern. Obwohl ihre Chancen nicht allzu groß sind, ist ihre Motivation hoch. Vor allem soziale Themen hat die 25-Jährige auf ihrer Agenda.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Weil sie sich schon immer für Politik interessiert hat, hat Clara Meier – „um das alles zu verstehen“ – Politikwissenschaft studiert und ihren Bachelor gemacht. Und weil sie Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft schon immer als eine Gefahr für die Demokratie empfand, engagierte sich die 25-jährige Nürtingerin für Die Linke. Jetzt strebt Meier für Die Linke das Bundestagsmandat in ihrem Heimatwahlkreis an.

 

Frau Meier, für welches Herzensthema im Landkreis würden Sie sich mit einem Bundestagsmandat einsetzen?

Mit einem Bundestagsmandat würde ich mich für mehr Sicherheit einsetzen, denn hier im Landkreis ist das Leben – wie überall anders – zunehmend unsicherer geworden. Immer mehr Menschen leben in Armut. Die mentale Gesundheit der Kinder und Jugendlichen hat sich drastisch verschlechtert. 81 Prozent der Jugendlichen haben Angst vor Krieg. Deswegen brauchen wir mehr Sozialstaat. Gute Bildung, faire Arbeitsverhältnisse und mehr psychosoziale Hilfsangebote werden unsere Zukunft sicherer machen.

Welches Ziel im Landkreis würden Sie als Bundestagsmitglied als erstes besuchen?

Nach einer ausgiebigen Wahlparty, um den fleißigen Helferinnen und Helfern zu danken, würde ich bei der Verdi-Geschäftsstelle in Reutlingen anklopfen. Bei den Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst ist bisher keine Einigung mit den Arbeitgebern zu erwarten. Deswegen werde ich die Beschäftigten tatkräftig unterstützen: Ich würde mein Abgeordnetengehalt deckeln und die Streikenden mit monatlich 2800 Euro unterstützen. Denn sie sind es, die unser Land am Laufen halten. Ich werde vor allem die Beschäftigten im Sozialen Dienst, in Kliniken und an Kitas unterstützen. Denn alle verdienen es, mitzubestimmen.

Nicht zuletzt streikende Erzieherinnen (unser Foto zeigt eine Demo in Stuttgart) würde Clara Meier mit ihrem Abgeordnetengehalt unterstützen. Foto: Andreas Rosar

In welchen Bundestagsausschüssen sehen Sie sich?

Jugend und Familie, Arbeit und Soziales, Bildung – kurz: zentrale Bereiche der Daseinsvorsorge, die gesellschaftlichen Zusammenhalt ermöglichen. Zudem würde ich im Verteidigungs- und Sicherheitsausschuss eine linke Stimme für weniger Waffenlieferungen und mehr reale Friedensförderung abgeben. Es kann doch nicht sein, dass im vergangenen Jahr von deutscher Staatsräson geredet wurde, um deutsche Waffenlieferungen an Israel zu rechtfertigen, und gleichzeitig rund 15 Friedensprojekten in Israel und Palästina die Gelder entzogen wurden.

Kann die lokale Wirtschaft vom Klimaschutz profitieren, und was würden Sie als Bundestagsmitglied dazu beitragen?

Sie muss davon profitieren. Ansonsten ist der Klimaschutz sozial ungerecht und heizt gesellschaftliche Konflikte an. Vor allem hier in Baden-Württemberg muss der Industriewandel im Automobilsektor dringend nachgeholt werden. Das geht zum Beispiel durch die Umstellung der Produktion von Diesel- auf E-Busse, wie Daimler es bereits tut. Ich würde kleine und mittelständische Unternehmen, die nachhaltig wirtschaften, durch Förderprogramme unterstützen, und die Rekommunalisierung von Wärme weiter vorantreiben. Der Markt allein wird das nicht regeln.

Soziale Hilfsleistungen wie das Bürgergeld stehen derzeit sehr in der Diskussion – plädieren Sie für eine Kürzung oder den Ausbau?

Ich plädiere für einen Ausbau und vor allem für eine Fokussierung auf die eigentlichen Probleme. Diejenigen, die unsere Staatskassen am meisten belasten, sind die reichsten 15 Prozent. Eigentum verpflichtet, deswegen brauchen wir mehr Umverteilung für mehr Demokratie.

Politikerin im Interview

Zur Person
Die Politikwissenschaftlerin Clara Meier arbeitet als Erziehungsbeistand beim Nürtinger Jugendamt und ist zudem als Theaterpädagogin an verschiedenen Schulen tätig. Berufsbegleitend studiert sie Theatertherapie. Nach eigenem Bekunden „brennt“ die 25-jährige Nürtingerin für das Theater und für soziale Fragen – und hat, „nachdem Wagenknecht ausgetreten ist“, auch den Weg in Die Linke gefunden, weil es eine politische Kraft links der Mitte brauche. Meier will durch ihre Kandidatur gerade junge Menschen ansprechen, die Angst vor einem Rechtsruck haben, aber nicht wissen, „was sie dagegen tun sollen“. Ihr politisches Ziel ist es, für „frischen Wind und eine gerechtere Gesellschaft“ zu sorgen.

Bundestagswahl
Unsere Zeitung stellt die Direktkandidatinnen und -kandidaten der derzeit im Bundestag vertretenen Parteien vor, die am 23. Februar für die Wahlkreise Esslingen und Nürtingen antreten. Alle erhalten die gleichen Fragen.