Am Samstag bestimmt die Südwest-FDP die Landesliste für die Bundestagswahl. Intern haben die Bezirke die Reihenfolge schon ausgeknobelt. Doch ihre Rechnung könnte durchkreuzt werden – viele Liberale haben vom Kungeln genug.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - An die Listenaufstellung für die Bundestagswahl 2013 erinnert man sich in der Südwest-FDP noch mit Grausen. Der Parteitag in Villingen-Schwenningen geriet zu einer beispiellosen Schlammschlacht. In einem Überrumpelungscoup wollte der einstige Landeschef Walter Döring eigentlich seine Nachfolgerin Birgit Homburger als Spitzenkandidatin verdrängen. Doch viele Delegierte rechneten gnadenlos mit ihm ab. So erreichte Döring nur, dass die ebenfalls schwer beschädigte Homburger dem umstrittenen Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel den ersten Platz überließ. Bei der Wahl verloren alle zusammen, die FDP flog aus dem Bundestag.

 

An diesem Samstag steht wieder ein Listenparteitag an, ganz in der Nähe, in Donaueschingen. Die Streithähne von einst spielen keine Rolle mehr: Dörings Comeback hat sich endgültig erledigt, Niebel ging als Lobbyist zum Rüstungskonzern Rheinmetall, Homburger wechselte erst zu einer Personalberatung und dann als Berliner Statthalterin zum Deutschen Aktieninstitut. Der zeitweise als Hoffnungsträger gehandelte Vize-Landeschef Hartfrid Wolff kandidiert erst gar nicht mehr für den Bundestag; er macht lieber Karriere als Wirtschaftsprüfer. Angeführt wird das „Projekt Wiederauferstehung“ – wie die Rückkehr ins Parlament parteiintern genannt wird – vom neuen Landeschef Michael Theurer. Der Noch-Europaabgeordnete dürfte unangefochten zum Spitzenkandidaten gekürt werden. Nur die Höhe seines Ergebnisses wird mit einer gewissen Spannung erwartet, auch als Gradmesser für Theurers Standing in der Partei.

Die Liste ist schon vorbereitet

Bei der Abstimmung über die weiteren Plätze aber kann es munter werden. Hinter den Kulissen haben die Parteibezirke in gewohnter Manier das meiste schon ausgeknobelt. FDP-intern kursiert eine Namensliste für die ersten 15 Kandidaten. Auf den aussichtsreichen Rängen zwei bis fünf stehen ausschließlich Ex-Abgeordnete: die Generalsekretärin Judith Skudelny, der Schatzmeister Michael Link, Pascal Kober und Florian Toncar. Erst dann sollen neue Leute zum Zuge kommen – etwa der frühere Landesvorsitzende der Jungen Liberalen oder ein von der CDU zur FDP konvertierter südbadischer Bürgermeister. Nur Details ließen die Bezirksfürsten offen, etwa die Rangfolge auf den Plätzen acht bis zehn.

Bisher funktionierten derlei Absprachen meist leidlich, diesmal könnte es schwieriger werden. Seit Wochen wächst das Grummeln in der Partei. Er könne „das Gemauschel nicht mehr ertragen“, grollt ein Delegierter, der ohnehin grassierenden Politikverdrossenheit werde so noch Vorschub geleistet. Kurz vor dem Treffen kam sogar ein Kritiker aus der Deckung: der Ulmer Kandidat und Unternehmer Alexander Kulitz, ein Sohn des baden-württembergischen IHK-Präsidenten. Die Besten müssten auf die vorderen Plätze gewählt werden, mahnte er, „ohne Rücksicht auf Quoten und Absprachen“. Letztlich solle die Liste nicht der Partei gefallen, sondern den Wählern.

„Das Ding ist noch nicht gelaufen“

Vielen Liberalen dürfte Kulitz aus dem Herzen sprechen. Die Chancen für „Quereinsteiger“, vermuten Parteistrategen, seien diesmal so gut wie selten. Nur Theurer, Skudelny und Link könnten ihrer Plätze sicher sein, danach beginne das Gerangel; die schöne Liste könne da schnell zur Makulatur werden. Für die Gewinner von Donaueschingen, mahnen Altvordere, sei das Ticket nach Berlin aber noch keineswegs garantiert. Nach erfolgreichen Landtagswahlen – auch in Baden-Württemberg – sieht sich die FDP zwar wieder im Aufwind. Die Rückkehr in den Bundestag aber sei noch nicht ausgemacht, zumal in Zeiten, wo die Wähler immer unberechenbarer würden. „Das Ding“, warnt eine einstige Parteigröße, „ist noch nicht gelaufen.“