Wenige Wochen vor der Bundestagswahl sind sie mittlerweile überall: Wahlplakate. Blogger und Design-Experte Achim Schaffrinna hat sich die Werbetafeln der Parteien und ihre Botschaften einmal genauer angeschaut.

Stuttgart - Die heiße Phase des Wahlkampfs zur Bundestagswahl am 24. September hat begonnen: Wahlplakate säumen die Straßen und verkünden die Programme der Parteien. Aber sind die Designs auch gelungen – und können sie den Wähler überzeugen? Kommunikationsdesigner und Blogger Achim Schaffrinna analysiert für uns

 

Seit Mai 2006 bloggt er in seinem „Design Tagebuch“ über Design. Auch die Wahlplakate nimmt er dort regelmäßig unter die Lupe. Beispielhaft für die Kampagnen analysiert er jeweils ein Themenplakat der fünf Parteien, die bereits im Bundestags vertreten sind und jener, die sich Chancen für einen Einzug ausrechnen können.

Wahlplakat der CDU

Farbgebung: Das Wahlplakat ist eher untypisch für die CDU. In den vergangenen Jahren hat sie viel mit der Farbe Orange gearbeitet, nun setzt sie die deutschen Nationalfarben Schwarz, Rot, Gold ein. Die farbigen Bänder bringen Bewegung in das Bild, das Auge wandert über das Plakat.

Bildauswahl: Das Foto zeigt eine klassische Familie aus Vater, Mutter und Kind. Eine andere Familie wird man auf einem Plakat der CDU nie sehen. Darin steckt auch schon eine Botschaft.

Schrift: Sie ist gut lesbar, wird leicht erfasst.

Botschaft: Der Spruch ist allgemein und langweilig. Er könnte auf einem Plakat jeder beliebigen Partei stehen.

Fazit: Die Gestaltung ist hochwertig und ansprechend, die Aussage aber einfallslos.

Wahlplakat der SPD

Farbgebung: Bei der Bundestagswahl 2013 hatte die SPD noch eine zweite Farbe, Violett. Das war etwas spannender. Jetzt bleibt sie bei ihrer Standardfarbe Rot. Davon verwendet sie sehr viel, das wirkt energisch.

und wirkt dadurch energischer. 2013 war auf den Wahlplakaten noch die Farbe Violett zu sehen – laut Design-Experte Schaffrinna sei dies spannender gewesen.

Bildauswahl: Gut findet Schaffrinna, dass das Kind auf dem Plakat kein schönes, aufgesetztes Lächeln zeigt. Das Bild sei gut gewählt, da es Kinder und Eltern zum Hinschauen anrege.

Schrift: Die Schrift ist gut lesbar. Interessant ist, dass der Text wie das Parteilogo auf einem roten Quadrat steht. Das verdeutlicht: Für diese Botschaft steht die SPD.

Botschaft: Die Mischung aus Text und Bild funktioniert gut. Die Botschaft ist gewitzt und ungewöhnlich. Sie lädt dazu ein, sich mit dem Thema näher zu beschäftigen.

Fazit: Das Plakat ist eigentlich witzig und clever gemacht. Das Design wirkt allerdings durch die große rote, quadratische Fläche etwas starr.

Wahlplakat der FDP

Farbgebung: 2013 hat die FDP noch die Farben Gelb und Blau verwendet. Die neuen Farben sind sehr auffällig und modern. Sie zeigen, dass sich die Partei verändert hat, sowohl inhaltlich als auch in ihrem Aussehen.

Schrift: Der Text in der Mitte ist zwar nur in großen Buchstaben geschrieben, aber dennoch lesbar. Das ist auf diesem Plakat aber auch gar nicht so wichtig.

Botschaft: Eigentlich soll man auf Plakaten so wenig Text wie möglich abbilden. Die FDP hat jetzt absichtlich einen neuen Weg gewählt und ihr komplettes Parteiprogramm auf das Plakat gedruckt. Wahrscheinlich wird sich niemand davor stellen und alles durchlesen. Aber es ist ein Zeichen: Dass die echten Inhalte wieder mehr zählen sollen. Dieses Konzept ist wirklich neu, dazu passt auch der Satz „Denken wir neu“ in der Mitte.

Fazit: Das Plakat ist anspruchsvoll gestaltet, die Idee ist interessant und ungewöhnlich – einmal etwas Neues.

Wahlplakat der Grünen

Farbgebung: Die Farbe der Grünen ist nun einmal Grün. Daran werden sie erkannt, und darauf können sie nicht verzichten. Seit ein paar Jahren ist noch ein Rot-Ton dabei. Er ist etwas schrill, aber ansprechend und erregt Aufmerksamkeit.

Bildauswahl: Man nimmt nicht wirklich wahr, dass im Hintergrund ein Foto steht. Das ist aber nicht weiter schlimm.

Schrift: Die fetten Großbuchstaben sind schlecht lesbar. Im Vorbeifahren ist es kaum möglich, den Text zu erfassen.

Botschaft: Nicht besonders einfallsreich. Das Wort Umwelt kann durch viele andere Wörter ersetzt werden, zum Beispiel Liebe oder Sauerstoff. Aber für die Grünen als Umweltpartei war es wichtig, mal wieder das Thema Umwelt aufzugreifen – das kam in den vergangenen Jahren auf den Wahlplakaten etwas zu kurz.

Fazit: Es mangelt an Lesbarkeit. Man erkennt aber sofort, um welche Partei es sich handelt.

Wahlplakat der AfD

Farbgebung: Hellblau ist die Standardfarbe der AfD. Es beißt sich mit dem Rot-Ton in dem Pfeil.

Bildauswahl: Die Alternative für Deutschland setzt stärker als andere Parteien auf Fotos, nach dem Motto „Bilder sagen mehr als Worte“. Bilder wecken Gefühle, auf die setzt die Partei.

Schrift: Die Schrift ist in Schwarz auf weißem Hintergrund gut lesbar. Botschaft: Der Text zeigt, wofür die AfD steht. Sie sagt deutlich, was sie gut findet oder ablehnt. Indirekt schwingt aber mit, dass sie Burkas und damit den Islam ausgrenzt. Die Botschaft ist provokant: „Trau dich, Deutschland“, soll den Menschen Mut machen, die Partei zu wählen.

Fazit: Die AfD als sehr junge Partei hat noch nicht viel Erfahrung in der Erstellung von Wahlplakaten. Das sieht man den Plakaten an, aber sie wirken professioneller als früher.

Wahlplakat der Partei Die Linke

Farbgebung: Die Farben Rot, Schwarz und Weiß wirken angriffslustig und sogar etwas aggressiv. Sie sind sehr auffällig. Andere Plakate der Partei Die Linke wiederum wirken eher verspielt und sind bunt gestaltet. Sie haben ihre Aggressivität verloren.

Schrift: Die Plakate sind gut lesbar, handwerklich nicht zu kritisieren.

Botschaft: Auf dem Plakat steht eigentlich „Keine Lust auf weiter so: Die Linke“, durch die durchgestrichenen Wörter ist aber zu lesen „Lust auf die Linke“. Diese Methode wird in der Werbung immer wieder verwendet, das ist nicht sehr einfallsreich.

Fazit: Die Plakate sind insgesamt wirklich kein Augenschmaus. Schaffrinna vermisst die Angriffslust der vergangenen Jahre.

Sehen Sie in unserem Video: Fakten rund um die Bundestagswahl:

Lesen Sie hier: Wichtige Antworten auf Fragen rund um die Bundestagswahl.

Steckbrief: Achim Schaffrinna

Achim Schaffrinna ist 46 Jahre alt und lebt in Hannover. Er arbeitet als Designer. Auf seinem Blog www.designtagebuch.de veröffentlicht er zu fast jeder Wahl Überlegungen zu den Parteiplakaten. Er sagt: „Wahlplakate haben zwei Aufgaben: daran erinnern, dass eine Wahl bevorsteht, und den Betrachter einladen, sich näher mit einem Thema zu beschäftigen.