Fünf Bundestagskandidierende sprachen bei einer Podiumsdiskussion über Flucht, Migration und den Umgang mit Rassismus. Stefan Kaufmann (CDU) distanzierte sich dabei von der Bundestags-Kandidatur seines Parteikollegen Hans Georg Maaßen.

Stuttgart - Es war ein lauer Sommerabend in der Kulturinsel in Bad Cannstatt, trotz der heißen Debatte: Auf dem Podium diskutierten die Bundestagskandidaten und -kandidatinnen Dejan Perc (SPD), Stefan Kaufmann (CDU), Cem Özdemir (Grüne), Judith Skudelny (FDP) und Johanna Tiarks (Linke). Das Deutsch-Türkische Forum, die Türkische Gemeinde in Baden-Württemberg und das Forum der Kulturen hatten eingeladen, um über Themen zu sprechen, die im Wahlkampf oft wenig Beachtungen fänden: Rassismus, Flucht und die Teilhabe von Bürgern mit Migrationsgeschichte. Die AfD nahm nicht an der Veranstaltung teil. Das sollte sie auch gar nicht, wie Rolf Graser, der Geschäftsführer des Forums der Kulturen, betonte: „Wir wollen diskutieren, wie eine Einwanderungsgesellschaft funktionieren kann, nicht ob.“ Über diese Themen mit der AfD zu sprechen, sei nicht produktiv.

 

Sicherheitsgefühl für migrantische Personen

Der Grünen-Bundestagskandidat Cem Özdemir betonte beim Thema Rassismus vor allem: „Dass sich migrantische Personen hier sicher fühlen können und auf den Rechtsstaat vertrauen können müssen.“ Er kritisierte, dass CDU-Politiker Hans Georg Maaßen, der mehrmals antisemitische und rechtspopulistische Aussagen getätigt hat, Verfassungsschutzpräsident war. Daraufhin forderte er den CDU-Bundestagskandidaten Stefan Kaufmann auf, sich von Maaßens Kandidatur für den Bundestag zu distanzieren. Kaufmann sagte daraufhin später: „Ich persönlich würde Maaßen nicht wählen. Ich rate auch davon ab, ihn zu wählen.“

Die Moderatorin Maria Tramountani konfrontierte den SPD-Bundestagskandidaten Dejan Perc mit Ergebnissen einer Studie, die zeige, dass immer weniger Menschen mit Migrationshintergrund die SPD wählen. Die Partei sei in den letzten Jahren „integrationspolitisch unsichtbar“ geworden. Perc verwies daraufhin auf Bestrebungen der Partei in der nächsten Legislaturperiode das Wahlrecht für Migranten ohne deutsche Staatsbürgerschaft zumindest auf kommunaler Ebene durchzusetzen. Mitbestimmung, sei wichtig für aktive Teilhabe.

Großes Thema ist der Umgang mit der Flüchtlingswelle

Die Bundestagskandidatin der Linke, Johanna Tiarks, verwies auf das Partizipationsgesetz, das die Partei als Gesetzesentwurf einbringen möchte: Eine Quote soll es migrantischen Personen erleichtern, Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst zu erhalten. „Außerdem fordern wir, dass Migrantinnen und Migranten die Einbürgerung erleichtert wird. Damit alle teilhaben und Bildung und Gesundheitsleistungen beanspruchen können“, so Tiarks.

Der Umgang mit einer weiteren Flüchtlingswelle und der anschließenden Integration war das dritte große Thema des Abends. Judith Skudelny von der FDP kritisierte die ungerechte Verteilung der Flüchtenden: „Einige europäische Länder drücken sich davor, Verantwortung für die europäischen Werte zu übernehmen. Wir brauchen Mechanismen, die diese Länder dazu zwingen. Denn Flucht ist ein europäisches Thema.“

Europäische Lösung gefordert

Auch Kaufmann forderte einen europäische Lösung: „Wir müssen Menschen in Not helfen, aber wir brauchen eine solidarische Verteilung. Wir können nicht noch einmal 90 Prozent der Geflüchteten aufnehmen.“ Die Entscheidung über das Bleiberecht, so Kaufmann, müsse schon an den Außengrenzen gefällt werden, damit nicht noch mehr Menschen sich auf den gefährlichen Weg nach Europa machten. Abschiebungen müssen konsequenter werden, so Kaufmann

Johanna Tiarks wies hingegen auf das große Potenzial hin, dass Deutschland besitze: Viele Städte würden als „sichere Häfen“ Bereitschaft zeigen, weitere Geflüchtete aufzunehmen. Die finanziellen Mittel dazu gebe es auch. Jedoch bräuchte man mehr Anlaufstellen für von der Flucht traumatisierte Frauen sowie queere Geflüchtete und dezentralisierte Unterkünfte.

SPD soll durchsetzungsfähiger werden

„Es kann nicht sein, dass die Regierung das Engagement einiger Städte als ‚sichere Häfen’ blockt“, kritisierte auch Dejan Perc. In der nächsten Legislaturperiode müsse die SPD wieder durchsetzungsfähiger werden. Dafür dürfe die Partei keine weitere Koalition mit der Union eingehen: „Gesellschaftspolitisch sind die Differenten zu groß. Manche Positionen der Union sind nicht mehr zeitgemäß.“