Soziale Gerechtigkeit – ob beim Thema Klimaschutz, Vermögenssteuer oder beim Gesundheitssystem: Das sieht das Programm der Linken zur Bundestagswahl vor. Ein Überblick über die wichtigsten Themen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Stuttgart - Die Linke setzt auf soziale Gerechtigkeit – ob beim Thema Klimaschutz, Vermögenssteuer oder beim Gesundheitssystem. Ein Überblick über die wichtigsten Themen.

 

Klimaschutz

Die Linke will mehr Tempo beim Klimaschutz. Bis 2035 soll Deutschland klimaneutral sein. Den Kohleausstieg will die Partei schon bis 2030 schaffen. Große Energiekonzerne sollen vergesellschaftet werden. So will die Linke „Strompreise stärker kontrollieren, Energie für alle bezahlbar machen“. Für private Endverbraucher will sie die Stromsteuer senken und die Ökostromumlage streichen, erneuerbare Energie stattdessen aus dem Bundeshaushalt fördern. Busse und Bahnen sollen zum Nulltarif fahren, auf dem Land sollen „Bürgerbusse“ zwischen 6 und 22 Uhr stündlich fahren. Die Linke ist für ein Tempolimit von 120 auf Autobahnen. Auf Landstraßen soll maximal 80 gefahren werden, innerorts soll eine Regelgeschwindigkeit von Tempo 30 gelten.

Steuern und Finanzen

Die im Grundgesetz festgeschriebene Schuldenbremse hält die Linke für „volkswirtschaftlich schädlich“ und will sie deshalb abschaffen. Sie fordert eine progressive Vermögenssteuer, die bei einer Million Euro einsetzt und ein bis fünf Prozent (bei 50 Millionen Euro) der Ersparnisse abkassieren soll. Zudem soll zur Bewältigung der Corona-Krise eine einmalige Vermögensabgabe (zehn bis 30 Prozent) erhoben werden. Bei der Einkommenssteuer sollen alle mit einem Verdienst unter 6500 Euro monatlich weniger zahlen. Für besonders hohe Einkommen will die Partei eine Reichensteuer, deren Tarif bis zu 75 Prozent ansteigt. Das Ehegattensplitting soll durch „familien- und geschlechtergerechte Steuermodelle“ ersetzt werden.

Familien und Kinder

„Arbeitsbedingungen müssen sich an Menschen und ihren Familien orientieren, nicht an den Profitinteressen der Unternehmer“, sagt die Linke. Sie macht sich für eine Kindergrundsicherung stark, die strukturelle (Zugang zu Musikschulen etc.) und finanzielle Hilfen zusammenfasst. Als erster Schritt soll das Kindergeld (bisher 219 bis 250 Euro) auf 328 Euro angehoben wird. Arme Familien sollen bis zu 630 Euro pro Kind erhalten. Dazu soll die Elternzeit verlängert und das Elterngeld erhöht werden. Die Linke setzt sich für eine Gleichstellung aller Lebensmodell ein. Dazu will sie ein Wahlverwandtschaftsrecht einführen: eine Ausweitung der Homo-Ehe auf „jede Gemeinschaft, die sich einander verbunden fühlt“. Das soll nicht auf Paare beschränkt bleiben.

Außen- und Verteidigungspolitik

„Wir wollen einen Paradigmenwechsel in der Außenpolitik“, heißt es im Programm der Linken. Dazu gehört für sie ein „sofortiger Stopp aller Waffenexporte“. Zudem lehnen sie „Investitionen in Militarisierung und Aufrüstung“ ab, wollen alle Auslandseinsätze der Bundeswehr beenden, sind gegen das Zwei-Prozent-Ziel der Nato, wollen diese insgesamt auflösen. Alle ausländischen Militärbasen in Deutschland seien zu schließen. Sie wollen die Sanktionen gegen Russland beenden, die Defizitkriterien der EU aufweichen und „europaweit Reichtum von oben nach unten verteilen“. Sie wenden sich dagegen, dass Russland und China von der EU und den USA „als Feindbilder beschrieben“ würden. Im Verhältnis zu Russland gehe es „nicht um Gefahrenabwehr“.

Rente und Altersvorsorge

„Gute Rente“, so der Wahlkampfslogan, heißt für die Linke: das Renteneintrittsalter soll wieder auf 65 absenkt werden, das Rentenniveau von 48 auf 53 Prozent steigen, Ärmeren verspricht die Linke eine „solidarische Mindestrente“ von 1200 Euro. Alle Erwerbstätigen sollen in die Rentenkasse einzahlen. Die Beitragsbemessungsgrenze (aktuell: 7100 Euro Monatsverdienst) soll „drastisch“ angehoben werden. Die Rentenansprüche sollen aber nicht mehr proportional zu den Beitragszahlungen anwachsen, wenn sie das Doppelte der Durchschnittsrente übersteigen. „Die Rente darf nicht über Kapitalmärkte ,gesichert’ werden“, sagt die Linke und wendet sich damit gegen Modelle, die in allen anderen Parteien diskutiert werden.

Digitalisierung

„Für eine Digitalisierung, die den Menschen nützt“, will sich die Linke einsetzen. Sie möchte mittels Kartellrecht und Steuern „die Macht der Internetkonzerne begrenzen“. Netzzugang müsse für jedermann erschwinglich sein. Sie fordert für jedes Kind „ein kostenfreies Leihgerät für die gesamte Schulzeit“. Sie will den Datenschutz ausbauen, die zuständigen Aufsichtsbehörden stärken, lehnt digitale Überwachung ab: „Staatstrojaner“ und andere technische Hilfsmittel für Polizei und Geheimnisse müssten deshalb verboten werden. Zudem setzt sich die Linke dafür ein, dass trotz Digitalisierung Verwaltungsakte oder der Kauf von Tickets immer auch analog möglich bleiben muss. Die Digitalisierung dürfe kein Vorwand für Personalabbau sein.

Sicherheit, Zuwanderung, Integration

Die Linke fordert europaweit „die vollständige Wiederherstellung des Rechts auf Asyl“. Auch Klimaflüchtlinge hätten ein Recht auf Asyl. Menschen, die geflüchtet sind, sollen dezentral in Wohnungen untergebracht werden. Kommunen sollen selbst entscheiden, ob sie Menschen auf der Flucht aufnehmen. Die Linke will den Verfassungsschutz „und perspektivisch alle Geheimdienste“ auflösen, die Rechte der Polizei beschneiden und die Videoüberwachung im öffentlichen Raum beenden. Sie ist gegen Vorratsdatenspeicherung, Onlinedurchsuchungen und andere staatliche Spähaktionen. Sie will unabhängige Beschwerdestellen für Fälle von Polizeigewalt einrichten und „Bagatelldelikte“ wie Bus- und Bahnfahren ohne Ticket „entkriminalisieren“.