In dem Wahlkreis mit der Stuttgarter Innenstadt sind erneut Stefan Kaufmann (CDU) und Cem Özdemir (Grüne) die schärfsten Rivalen um das Direktmandat. In der Vergangenheit obsiegte von den beiden immer nur einer.

Stuttgart - Im Wahlkreis Stuttgart I (offizielle Bezeichnung: Wahlkreis 258) wetteifert seit einigen Jahren fast schon traditionell die Berliner Politprominenz um ein Bundestagsmandat. So auch bei der anstehenden Wahl am 26. September: Mit dem früheren Bundesvorsitzenden der Grünen, Cem Özdemir, dem ehemaligen Linken-Chef Bernd Riexinger und der FDP-Abgeordneten Judith Skudelny wollen gleich drei namhafte Bewerber und Bewerberinnen aus den im Bundestag vertretenen Parteien dem CDU-Platzhirsch Stefan Kaufmann das Mandat streitig machen. Die SPD schickt mit der Stadträtin Lucia Schanbacher eine Newcomerin ins Rennen, Dirk Spaniel tritt zum zweiten Mal für die AfD an.

 

200 000 Stimmberechtigte haben es in der Hand

Rund 200 000 Wahlberechtigte bevölkern den Wahlkreis, der neben den vier Innenstadtbezirken auch die Bezirke Birkach, Degerloch, Hedelfingen, Möhringen, Plieningen, Sillenbuch und Vaihingen umfasst. Bei der Bundestagswahl 2017 machten 82,7 Prozent der Wahlberechtigten von ihrem Stimmrecht Gebrauch. Wie schon seit 2009 wird auch diesmal ein Zweikampf zwischen Kaufmann und Özdemir um das Direktmandat erwartet. 2017 hatte Kaufmann, der für die CDU schon dreimal das Direktmandat geholt hat, mit 32 Prozent nur noch knapp die Nase vorn; Özdemir brachte es auf 29,7 Prozent.

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Das Duell zwischen Kaufmann und Özdemir bezieht seine besondere Spannung auch aus der Tatsache, dass beide auch als Kandidaten für den Posten des Stuttgarter Oberbürgermeisters gehandelt wurden. Während Özdemir frühzeitig abgewinkt hatte, musste Kaufmann erst von Parteifreunden überzeugt werden, dem ehemaligen Backnanger OB Frank Nopper den Vortritt zu lassen, der dann im vergangenen Jahr die OB-Wahl klar für sich entschied.

Die SPD-Kandidatin ist eine Newcomerin

Für Lucia Schanbacher (SPD) dürfte es darum gehen, das Ergebnis ihrer Vorgängerin, der langjährigen SPD-Abgeordneten Ute Vogt (12,8 Prozent), auszubauen. Das Direktmandat scheint für Judith Skudelny (FDP) unerreichbar, sie hofft aber auf ein ähnlich gutes Zweitstimmenergebnis wie 2017 (16, 4 Prozent). Gleiches gilt für Bernd Riexinger (Linke), dessen Parteifreundin Johanna Tiarks beim letzten Mal auf 6,5 Prozent Erststimmen kam. Knapp davor lag der AfD-Bewerber Dirk Spaniel mit 6,7 Prozent der Stimmen.

Geschichte
Seit 1949 ging das Direktmandat im Wahlkreis ausschließlich an Bewerber von CDU oder SPD. Erwin Schoettle (1965 und 1969) sowie Peter Conradi (1972 und 1976) etwa eroberten den Sitz im Bundestag für die Genossen jeweils zweimal hintereinander, für die CDU hatte Roland Sauer zwischen 1980 und 1994 sogar gleich fünfmal in Folge die Nase vor der politischen Konkurrenz.

Kandidaten
Neben den im Bundestag vertretenen Parteien stehen weitere elf Kandidaten auf dem Stimmzettel: der Theaterregisseur Marcel Krohn (Tierschutzpartei), die Studentin Xenia Lehmann (Die Partei), der Metzgermeister Klaus Wirthwein für den Bundesverband der Freien Wähler, der Rentner Peter Jakobeit (Demokratie in Bewegung), die Krankenpflegerin Julia Scheller (Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands), die Heilpraktikerin Nathalie Nikola für die querdenker-nahe Formation Die Basis, Ex-Stadtrat Ralph Schertlen (Bürgerbewegung), der Student Berthold Stegemann (Die Humanisten), die Marketingmanagerin Julia Böcklen (Volt), der Masseur Marc Schuller (Bürgerbewegung Solidarität) sowie der Einzelbewerber Werner Ressdorf (Volk ins Parlament).