Die Partei kann vom Absturz der Union nicht profitieren. Im Osten allerdings erwartet sie ein starkes Ergebnis. Intern geht es längt um etwas anderes: Der Machtkampf ist wiedereröffnet.

Berlin - Für die AfD stand an diesem Wahlabend die wichtigste Botschaft früh fest: Die Partei schafft den Wiedereinzug in den Bundestag ohne nennenswerte Verluste. Unisono bewerteten die Spitzenkandidaten Tino Chrupalla und Alice Weidel am Sonntag das Abschneiden als „sehr solides Ergebnis“. Weidel sagte in der ARD, die Partei sei allen Unkenrufen zum Trotz nicht aus dem Bundestag gewählt worden. „Um uns wird man nicht mehr drumherumkommen.“ Das Wahlergebnis zeige, dass die AfD über eine stabile Stammwählerschaft verfüge.

 

Intern allerdings dürfte das Abschneiden durchaus kritisch gedeutet werden – auch weil mit eklatanten Unterschieden zwischen dem Westen und dem Osten der Republik gerechnet wurde. Nach ersten Hochrechnungen erfüllte sich die Hoffnung der AfD, im Osten stärkste Kraft zu werden, allerdings nicht.

Union-Absturz bringt AfD nichts

Vom Absturz der Union konnte die Partei nicht profitieren. In der öffentlichen Wahrnehmung spielte die AfD kaum eine Rolle – anders als vor vier Jahren fehlten ihr zwei wesentliche Faktoren: Zum einen war der Neuigkeitswert einer Rechtsaußenpartei im Parlament verpufft und damit auch die entsprechende Aufmerksamkeit. Die Kampagne hatte mit dem Slogan „Deutschland. Aber normal“ versucht, diesen Faktor vorwegzunehmen und stattdessen ganz bewusst darauf gesetzt, die AfD als Partei zu präsentieren, in der Radikalität keine Rolle spiele. Vor allem aber fehlte der Partei ein vergleichbares Megathema wie die Flüchtlingspolitik. Schon seit Beginn der Coronapandemie war es der AfD nicht gelungen, von diesem Thema zu profitieren.

Der Machtkampf ist wiedereröffnet

In der Partei wird die Aufmerksamkeit längst auf die Zeit nach der Wahl gerichtet: Der interne Macht- und Richtungskampf ist nicht entschieden. Im Dezember stehen die Wahlen zur Parteispitze an. Das Auseinanderklaffen der Wahlergebnisse zwischen Ost und West könnte die Kräfteverhältnisse in der Partei auf Dauer verschieben: Die AfD wird immer mehr vom Erfolg im Osten abhängig – genau dort, wo die Landesverbände einen so radikalen Kurs fahren, dass der Verfassungsschutz sie inzwischen mehrheitlich als rechtsextremistisch einstuft. Wie sich dies personell abbildet, ist noch unklar. Es ist fraglich, ob Parteichef Jörg Meuthen neben Tino Chrupalla noch einmal antritt. Ob Weidel nach dem Parteivorsitz strebt, lässt sie offen. Sicher ist, dass sie den Posten nur mit Hilfe der radikalen Kräfte aus den Ostverbänden erreichen könnte.

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Die erste Machtprobe wird kommende Woche ausgetragen: Da steht die Wahl der Fraktionsspitze auf dem Programm. Der Ehrenvorsitzende Alexander Gauland will nicht wieder neben Weidel antreten. Auch an Weidel hatte es viel Kritik gegeben.