Gunther Krichbaum sitzt seit 15 Jahren direkt gewählt im Bundestag. Dieses Mandat will er verteidigen.

Friolzheim - Der Teufel steckt im Detail. Nicht, dass Gunther Krichbaum ein kleiner Teufel wäre, nein, freundlich lächelnd kommt er zum Gespräch, grüßt die Eiscafé-Besucher, Wahlkampf-Modus für einen Politik-Routinier, der seit 15 Jahren im Bundestag sitzt und das auch die kommenden vier Jahre gerne möchte.

 

Wenn er dann allerdings von seiner Arbeit dort berichtet, dann kommt er wieder ums Eck, der Detail-Teufel. Europa ist das große Thema, schon bei seiner ersten Wahl in den Bundestag 2002 kam er in den Europa-Ausschuss. „Ich wollte damals in die Europa-Politik“, sagt er. „Auch wenn Europa-Politik undankbar ist.“ Viel Zeit braucht es, sich in die vielschichtigen, komplizierten Geflechte der Europäischen Union einzuarbeiten, internationale Netzwerke aufzubauen, sich die Themen anzueignen.

Vorsitzender des Europa-Ausschusses

„Und es gibt wenige, die in den Tiefen der Europa-Politik wirklich drin sind“, stellt er dann immer wieder fest. Gunther Krichbaum ist es, vor zehn Jahren ist er zum Vorsitzenden des Europa-Ausschusses aufgestiegen – und damit in Zeiten von Brexit und EU-Diskussionen ein gefragter Mann. Die Bild-Zeitung zitiert ihn, wenn Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die EU reformieren will, die österreichische Tageszeitung „Heute“ zum möglichen türkischen Referendum über die Todesstrafe, die FAZ zu Polen und die Stuttgarter Zeitung zum europäischen Staatsakt für Helmut Kohl, zum Vorschlag eines Europäischen Währungsfonds und den Beitritt der Türkei zur EU.

Viele Themen, aber welche Rolle spielt bei all dem überhaupt ein Ausschuss des Bundestages? „Die Parlamente haben in den vergangenen Jahren zum Glück erheblich an Gewicht gewonnen“, sagt dessen Vorsitzender Gunther Krichbaum und nennt den Brexit als Beispiel. Die Verhandlungen dazu führt zwar die Regierung, der Bundestag aber gibt ihr dazu Hausaufgaben mit auf den Weg. „Der Europa-Ausschuss ist der einzige Ausschuss, in den auch die Kanzlerin kommt“, sagt er.

Überhaupt der Brexit. Zurzeit pausiert die Ausschuss-Arbeit, Gunther Krichbaum ist auf Wahlkampftour, aber Europa bleibt da natürlich sein Thema. Denn die europäisch-britischen Verhandlungen sind zwar detailreiche Fachberatungen, aber die Auswirkungen werden auch die Wähler im Enzkreis spüren, davon ist Krichbaum überzeugt. „Für die Firmen hat es Auswirkungen, wie wir die wirtschaftlichen Beziehungen zukünftig ausgestalten“, erklärt er.

Handfeste Auswirkungen auf die Arbeitnehmer vor Ort

Zum Beispiel das „Lifo“-Verfahren im Steuerrecht. 99 Prozent der Wahlberechtigten sagt das nichts, das gibt Krichbaum zu. „Ich war selbst in Brüssel und hab mit den Fachbeamten darüber diskutiert“, berichtet er. „Jetzt haben wir es hinbekommen, dass es Lifo nach wie vor gibt – das hat handfeste Auswirkungen auf die Arbeitnehmer hier vor Ort.“

Davon erzählt er im Wahlkampf, der zurzeit ansteht. Quer durch den Enzkreis wandert Gunther Krichbaum – ganz wörtlich – in seinen Wanderschuhen. „Da kommt man mit den Leuten ins Gespräch“, hat er festgestellt. Neben Europa treibt die Menschen nach seiner Beobachtung das Thema Familie und die innere Sicherheit um. Und da können die Worte des eigentlich so sachte formulierenden CDU-Politikers schon mal markiger werden, etwa wenn er sich an den G-20-Gipfel erinnert. „Dass das die dortige SPD-Landesregierung nicht hinbekommen hat, das war schon eine Schande“, formuliert er dann.

Was aber ist sein ganz persönliches Wahlkampfprogramm? „Mein Ziel ist es, Anwalt für die Region zu bleiben“, sagt er. Beschäftigt hat ihn da in den vergangenen Jahren vor allem der Verkehr, der Autobahnausbau zwischen Leonberg und Pforzheim. Da fehlt nur noch die Enztalquerung zwischen Pforzheim-Süd und Pforzheim-Nord. „Das will ich weiter begleiten und schauen, dass der Ausweichverkehr kontrolliert stattfindet“, kündigt Gunther Kriechbaum an.

Ansonsten verweist er auf die Bilanz der CDU-geführten Regierungen – etwa die geringe Arbeitslosigkeit, kaum Jugendarbeitslosigkeit. „Wenn das im Kontext der internationalen Krisen so bleibt, können wir sehr zufrieden sein“, sagt Krichbaum.

Das versucht er zu verdeutlichen, gerade in Pforzheim. Dass gerade in seiner Stadt die AfD bei der jüngsten Landtagswahl eines von zwei Direktmandaten gewonnen hat, schmerzt ihn natürlich „Wir wissen, dass 80 Prozent der AfD-Wähler diese Partei aus Protest gewählt haben“, lautet seine Überlegung. „Daher müssen wir die Probleme lösen, um den Protest zu entziehen.“

Da wird Gunther Krichbaum dann zum politischen Generalisten, der er auf Wahlkampftour natürlich ist. „Mein Bruder kennt Sie“, ruft jemand vom Nachbartisch rüber, Krichbaum stürmt sofort hin und strahl. „Grüßen Sie ihn“, sagt er. Ob er nach einer Wiederwahl der „Mr. Europa“ der CDU bleibt, ob höhere Weihen auf ihn warten, oder er den Bereich ganz wechselt, hängt vom Postengeschacher nach der Wahl ab. Der Detail-Teufel wird ihn aber auch dort ereilen.