Bundestagswahl: Warum wir wählen gehen sollten Der Trend hat sich wieder gedreht
Merkels Wahlkampftaktik der asymmetrischen Demobilisierung, die darauf abzielt, Anhänger der politischen Konkurrenz einzulullen, wirkte wie ein Narkotikum auf das Wahlvolk. Dazu vergällte der Frust über eine Euro-Rettungspolitik, die als „alternativlos“ verkauft wurde, aber unabsehbare finanzielle Risiken birgt, vielen die Lust am Wählen. Mit der zunehmenden Komplexität von Politik in einem globalen Koordinatensystem wird die Wahlentscheidung auch nicht leichter. Die Politik erscheint vielen wie ein hermetisches Geschäft, das sich mit nervtötender Langsamkeit und nach schwer durchschaubaren Gesetzmäßigkeiten vollzieht.
Viele Medien präsentieren sie zudem wie eine Daily Soap mit langweiligen, wenn nicht gar vertrottelten Hauptdarstellern. Demokratische Abläufe fügen sich nicht den Schablonen einer auf Personalitygeschichten und schnellen Wechsel fokussierten Unterhaltungsindustrie.
„Die Zeiten sind politischer geworden“
Ungeachtet solcher strukturellen Hemmnisse hat sich der Trend zur politischen Passivität in den vergangenen Monaten wieder gedreht. Bei den jüngsten Landtagswahlen waren durchweg mehr Stimmzettel in den Urnen als bei früheren Gelegenheiten. Das hat viele Gründe: etwa das erweiterte Parteienspektrum. Die AfD hat politferne Kreise zum Wählen animiert. Die Hysterie über einen unerwarteten SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz mobilisierte wahlmüde Sozialdemokraten. Dessen kurzfristige Umfrageerfolge trieben wiederum vergrätzte Konservative hinterm Ofen vor, die partout nicht in einer linksregierten Republik leben möchten. „Die Zeiten sind politischer geworden“, sagt der Mainzer Politologe Thorsten Faas. Phänomene wie der zum Präsidenten aufgestiegene Politikverächter Donald Trump machten den Leuten klar, „dass es nicht egal ist, wie eine Wahl ausgeht“. Trumps Urahn im wichtigsten Amt der USA, Thomas Jefferson, mahnte einst: „Schlechte Kandidaten werden gewählt von guten Bürgern, die nicht zur Wahl gehen.“
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