Schön ist es gewesen, damals, als die Piraten noch Piraten waren und

 
Foto: Stollberg
deutsche Fußgängerzonen, vor allem aber Onlineforen, mit Sprüchen wie diesem bevölkerten: „Klarmachen zum Ändern!“ Wo Piraten waren, blähte sich der Wind in den Segeln und trug immer ein paar Worthülsen mit sich, die garantiert etwas mit Freibeutern, Augenklappen oder Ähnlichem zu tun hatten. Jetzt müssen wir Wähler uns leider schon wieder auf etwas Neues einstellen. Piraten sehen jetzt auch aus wie – ja, wie eigentlich? Schwer zu beschreiben jedenfalls.

Unser heutiger Plakatkopf trägt ein dunkles seriöses Sakko, dazu einen schwarzen Cowboyhut im Johnny-Cash-Stil. Auffälligster Blickfang ist sein treppenförmig von den Ohren zum Kinn herabgestutzter Backenbart, der in einem schwarzen Kinnbärtchen mündet. Unter der Hutkrempe wallt ein rot gefärbter Haarschopf hervor. Die rechte Hand hält der Mann dem Betrachter entgegen, die Geste soll wohl einen einladenden Charakter besitzen, sie ähnelt aber auf unergründliche Weise jener eines Türstehers, der auf der Theodor-Heuss-Straße in die Reihe der vor einem Club Wartenden blickt und die Menschen auffordert: „Der Nächste, bitte!“ Geradezu philosophisch setzt sich der großformatig gedruckte Wahlspruch von den Botschaften anderer Parteien ab: „Teilen ist das neue Haben.“ Darüber müssen wir erstmal eine ganze Weile nachdenken. Genau wie über den Piraten, der nicht mehr wie ein Pirat aussieht – sondern eher wie eine Kreuzung aus dem igelschopfigen Starblogger Sascha Lobo und dem jungen Dschinghis-Khan-Sänger Leslie Mandokie. Morgen in der Stilkritik: die FDP.