Bundestagswahlkampf auf den Fildern Zerstörungswut gegen Grünen-Plakate – „Dieser Vandalismus trifft uns ins Mark“

Einen Mast am Echterdinger Bahnhof nutzen gleich mehrere Parteien für ihre Wahlwerbung. Foto: /Philipp Braitinger

In Leinfelden-Echterdingen beklagen die Grünen einen Verlust von 30 Prozent ihrer Wahlplakate. Schwierig ist derweil auch das Aufhängen der Wahlwerbung: Da gilt es jede Menge Vorschriften zu beachten.

Wenige Wochen vor der Bundestagswahl müssen Wahlkampfhelfer in Leinfelden-Echterdingen eine bittere Pille schlucken: 30 Prozent der Plakate, welche die 20 Helfer des Grünen-Ortsverbandes in mühevoller Arbeit im Stadtgebiet in Position gebracht haben, wurden heruntergerissen, zertrampelt oder beschmiert, berichtet Petra Gudat-Koschatzky, die Sprecherin des Ortsverband-Vorstands.

 

Gerade an Fuß- und Radwegen sei die Zerstörungswut zu beobachten, sagt sie. Deshalb habe sich der Ortsverband mittlerweile entschieden, dort nicht mehr nachzuplakatieren, denn kurze Zeit später würden die Schilder ohnehin wieder fehlen. „Das tut uns schon weh“, sagt die Sprecherin. Zumal der Ortsverband die meisten der Plakate selbst finanziere.

„Dieser Vandalismus trifft uns ins Mark, denn wir stemmen den Wahlkampf hier vor Ort alle ehrenamtlich“, sagt Grünen-Stadträtin Barbara Engler. Und: „Diese Aktionen sind nicht nur ärgerlich, sondern auch demokratiefeindlich.“ Strafbar seien solche Aktionen zudem. Die Grünen würden alle Vorfälle protokollieren und zur Anzeige bringen, macht die Stadträtin klar.

Dabei ist es für die Helfer aller Parteien und Wählervereinigung nicht einfach, ein passendes und vor allem ein erlaubtes Plätzchen für ein Wahlplakat zu finden. Exakt 19 Punkte gilt es in Leinfelden-Echterdingen zu beachten. Plakate dürfen insbesondere die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigen und die Sicht der Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger nicht einschränken. Es darf weder an Buswartehäuschen noch an den Masten von Ampeln oder von Verkehrszeichen plakatiert werden, ebenso wenig in Kreisverkehren, an Kreuzungen und Einmündungen. Zu Letzteren muss ein Abstand von fünf Metern eingehalten werden. Zehn Meter müssen zwischen einem Zebrastreifen oder Stadtbahnübergängen und dem nächsten Plakat liegen.

Nachzulesen ist das auf einem Merkzettel, den das Ordnungsamt jeder Gruppierung zuschickt, die plakatieren möchte. Auch die AfD hat die Stadt über ihre Absicht informiert, Plakate im Stadtgebiet aufzuhängen. Doch bisher sind von dieser Partei keine Plakate im Stadtgebiet auszumachen.

Viele Plakate sind auch in der Nähe Foto: Philipp Braitinger

Längst nicht alle politische Gruppen hielten sich an das Regelwerk, hat Sigrid Ott, Stadträtin der Partei Demokratie in Bewegung (DiB) und Mitglied der Fraktion L. E. Bürger/DiB, schon anlässlich der Haushaltsberatungen moniert. „Auf Verkehrsinseln und in Kreisverkehren hat Wahlwerbung nichts zu suchen“, sagt sie. „Wenn Richtlinien schriftlich vorliegen, sollten sich auch alle daran halten“, macht sie klar. Verstöße sollten geahndet werden. Ansonsten sei das Merkblatt das Papier nicht wert. Ein Drittel der Plakate, die derzeit in Leinfelden-Echterdingen hängen, müssten ihrer Meinung nach wieder abgenommen werden, weil sie den Vorgaben nicht entsprechen. Dann würde sich auch deren Anzahl reduzieren, was auch im Sinne des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit gut wäre, betont sie.

Otts Fraktionskollegin Sabine Onayli hat beobachtet, dass gerade am Echterdinger Stangenkreisel unerlaubt plakatiert werde, dass an Kreuzungen und Bushaltestellen Wahlwerbung hänge, die dort nicht hängen dürfte. Allein auf einer Fahrt von Echterdingen nach Musberg seien ihr etliche Verstöße gegen die Richtlinien der Stadt aufgefallen, schreibt sie unserer Zeitung.

„Wir kontrollieren die Einhaltung der im Merkblatt vorgegebenen Regelungen“, teilt derweil der Ordnungsamtschef Gerd Maier mit. Es gebe zwar Verstöße – allerdings nicht viele. Im aktuellen Wahlkampf hätten bisher lediglich vereinzelt Plakate moniert werden müssen. Dabei habe es sich um Plakate gehandelt, die an Verkehrszeichen angebracht waren und deshalb „als Ablenkung für die Verkehrsteilnehmer gelten und daher unzulässig sind“.

Das Ordnungsamt gehe in diesen Fällen auf die Verantwortlichen zu und beauftrage diese, das Plakat umgehend abzuhängen, erklärt der Ordnungsamtschef das Vorgehen. Die Aufforderung zur Beseitigung eines Missstandes erfolge per E-Mail, in Ausnahmefälle via Telefon. Eine zeitnahe Reaktion sei der Regelfall. Wenn die nicht erfolge und die Verkehrssicherheit gefährdet sei, entferne die Stadt die Plakate. „Sie landen dann im Bauhof und können dort von den Parteien abgeholt werden.“

Auch Geldbußen sind möglich

Anzahl der Plakate
Der Anzahl der Plakate, die eine Partei oder Wählervereinigung im Stadtgebiet aufhängen darf, ist nicht zwingend eine Grenze gesetzt. Auch wenn „eine Partei nicht alles zu plakatieren darf“, wie der Ordnungsamtsleiter Gerd Maier erklärt. Wenn aber eine Partei mehr Geld investieren möchte als andere und mehr Plakate aufbaut, sei das grundsätzlich möglich. Die einzelnen Standorte müssen der Stadt nicht genannt werden. Es ist auch keine Genehmigung erforderlich.

Geldbußen
Wer sich beim Plakatieren nicht an die Richtlinien der Stadt hält, kann auch zur Kasse gebeten werden. „Zuwiderhandlungen stellen Ordnungswidrigkeiten dar und können mit einer Geldbuße geahndet werden“, informiert Gerd Maier. Geldbußen können einen Mindestbetrag von 5 Euro und einen Höchstbetrag von 5000 Euro umfassen. Dieses Instrument musste jedoch bisher nicht in Anspruch genommen werden.

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