Thorsten Majer kämpft zum dritten Mal seit 2005 um einen Sitz im Bundestag. Das 35 Jahre alte SPD-Mitglied aus Ingersheim will mit sozialen Themen vor der Stimmabgabe im Wahlkreis Neckar-Zaber punkten.

Ingersheim - Wenn es noch eines Motivationsschubs für den Wahlkampf von Thorsten Majer bedurft hätte, wäre es der Auftritt Angela Merkels in der letzen Bundespressekonferenz vor der Sommerpause gewesen: „Da habe ich in ein großes Schwarzes Loch geblickt“, sagt der SPD-Mann. „Dieser Auftritt hat mich in Rage gebracht, der war einer Kanzlerin nicht würdig.“ Eine Regierungschefin müsse führen, meint der Ingersheimer. Stattdessen habe sie überdeutlich die Misere der letzten Jahre vor Augen geführt: „Diese Kanzlerin hat keine Meinung, verschiebt Entscheidungen und lullt die Bürger ein.“

 

Initiator der Menschenkette gegen rechts

Als in der Wolle gefärbter Sozialdemokrat fällt es Majer schwer, Merkels Kontrahenten Peer Steinbrück zu kritisieren: „Am Anfang hat er Fehler gemacht“, sagt er immerhin. Für die Attacke von Ex-Innenminister Otto Schily (SPD), der dem Kandidaten Anfang August mit einer Bemerkung über das NSA-Spähprogramm in einem sehr zentralen Punkt der Kampagne in die Parade gefahren ist, findet er fast versöhnliche Worte: „Der wollte halt seinen Namen auch mal wieder in den Schlagzeilen sehen.“

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Majer selbst hat zuletzt im Zusammenhang mit der Menschenkette gegen rechts Schlagzeilen gemacht: Die Beteiligung an der von ihm federführend betreuten Aktion war mäßig. Statt der erhofften 20 000 Menschen waren nur 5000 gekommen, der Kettenschluss zwischen Heilbronn und Bietigheim ist nicht gelungen. „Wir haben das Ziel nicht geschafft“, sagt er, „aber es war den Versuch wert.“ Heute betrachtet er die Tatsache, dass die Lücken im ländlichen Bereich besonders groß waren, als Auftrag. Der Trägerkreis besteht weiter, vorrangiges Ziel sei es nun, eine Gedenktafel am Bahnhof von Bietigheim durchzusetzen, die daran erinnert, dass sich im Krieg dort ein Durchgangslager für Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge befunden hat.

Sport und Sprachen sind die Hobbys des Sozialdemokraten

Die Geschichte des Naziregimes rührt noch auf andere Weise an Majers politischem Engagement: „Mein Großvater väterlicherseits ist mein SPD-Vorbild.“ Dessen Parteiausweis gehört denn auch zu den Dingen, die ihm besonders viel bedeuten. Eugen Majer war bis zur Auflösung der Partei im Jahr 1933 Mitglied. Wenn er einmal mit sich und der Politik im Unreinen sei, müsse er nur dieses Dokument hervorholen, sagt der 35-Jährige, dann wisse er wieder, was echte Probleme sind.

Auch wenn sie in Wahlkampfzeiten zu kurz kommen: Außer für Politik begeistert sich Majer für Sport und Sprachen. Er hat aktiv Tennis, Fußball (meist als Torhüter) und Basketball gespielt und ist jetzt Mitglied eines Fanclubs des VfB Stuttgart und des FC Arsenal und stolzer Besitzer von Handschuhen des einstigen Stuttgart-Keepers Timo Hildebrand.

Wenn er liest, dann gern etwas mit Bezug zum Reisen – und wenn möglich in der Originalsprache. Darum zählen Ernest Hemingways Paris-Erinnerungen „A moveable Feast“ zu seinen Lieblingsbüchern. Das mit dem Fremdsprachensprechen und -lesen falle ihm leicht, sagt Majer: „Dank eines fotografischen Gedächtnisses. Das habe ich von meiner Mutter geerbt.“ Da seine Mutter im Kleiningersheimer Schloss geboren worden ist – deren Vater hatte dort im Lazarett Dienst getan –, hat auch Thorsten Majer eine besondere Bindung zu diesem Ort. Als er 2008 seine Frau Tanja heiratete, holte er sich vom Schlossherren Walter Leibrecht die Genehmigung für eine Feier im Garten des Renaissance-Bauwerks.

Unsicher Arbeitsverhältnisse machen den Menschen Angst

Auch dank seiner Tätigkeit beim Ludwigsburger Mieterbund glaubt der Jurist zu wissen, wovor die Menschen Angst haben: „Das sind die unsicheren Arbeitsverhältnisse und das Fehlen von bezahlbarem Wohnraum.“ Rentner und junge Familien treffe es besonders hart, wenn die Miete bis zu 60 Prozent des zur Verfügung stehenden Geldes aufzehre. „Es ist nicht so, dass davon nur ein paar Hundert Menschen betroffen sind oder nur Hartz-IV-Empfänger“, sagt Majer. Der SPD-Gemeinderat und -Kreisvorsitzende kämpft zum dritten Mal um einen Sitz im Bundestag. Schwerpunkt der Kampagne sind Hausbesuche und die Verteilung von „Ideenkarten“. „Die Leute wissen am besten, was wichtig ist“, sagt er – und hofft auf viele Antworten.