Der Einsatz für die Bürgerrechte, der Whistleblower-Schutz und neue Formen des Zusammenlebens in der Familien sind die Kernthemen von Ingrid Hönlinger. Die Bundestagsabgeordnete der Grünen tritt erneut für den Wahlkreis Ludwigsburg an.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Ludwigsburg - Sie ist in diesem Jahr die einzige weibliche Kandidatin in den beiden Ludwigsburger Wahlkreisen. Podiumsdiskussionen mit ihr und ihren Mitbewerbern sehen immer aus wie ein Gruppenbild mit Dame. Ingrid Hönlinger hebt auf diese Tatsache nicht ab, aber sie lobt das Reißverschlussverfahren ihrer Partei bei der Aufstellung von Listen. Dann ist das Thema auch schon erledigt. Sie kommt mit dem Fahrrad zum Interview. In ihrem Ludwigsburger Wahlkreis radelt sie damit auf Termine und macht Touren etwa zu Biogasanlage und Badesee. Das Rad muss mit aufs Foto, weil es Teil ihres Lebens und politisches Programm zugleich ist. Wenn sie Auto fährt, dann Toyota Prius Hybrid. Aber das erwähnt sie nur, wenn man gezielt danach fragt. Wozu viel Worte um Selbstverständliches machen.

 

Richtig leidenschaftlich wird Ingrid Hönlinger, wenn sie von Kolumbien spricht. Dann ist sie ganz bei sich und erzählt von dem, was ihr Denken in großen Teilen ausmacht und wofür sie brennt: dem Kampf für Menschenrechte. Früh hat sie sich der Gefangenen-Hilfsorganisation Amnesty International angeschlossen – und ist so 2005 bei den Grünen gelandet.

Wahlkampf für die Menschenrechte in allen Lebensbereichen

Weswegen sie zum Gespräch als eines der Dinge, die ihr wichtig sind, ein Foto mitbringt. Es zeigt sie mit dem Bundespräsidenten Joachim Gauck in der Seilbahn von Medellin. Das Transportmittel macht das Leben der Menschen in der ehemaligen Drogenhochburg sicherer und zugleich leichter. Mit einem Lachen in der Stimme fügt die 49-Jährige an, dass Medellin einen grünen Bürgermeister habe. Aber das ist nur eine Fußnote in ihrer Erzählung. Entstanden ist das Foto im letzten Frühjahr. Auf einer Reise konnte Hönlinger dem kolumbianischen Präsidenten Santos persönlich von drei mit dem Tode bedrohten Menschenrechtlern berichten, die daraufhin zum Teil auch Schutz bekamen. Das war ein besonderer Augenblick im Leben der Menschenrechtsaktivistin.

Doch lässt sich mit Menschenrechten, den Wünschen nach sozialer Gerechtigkeit und einer gerechten Arbeitswelt Wahlkampf machen im Wahlkreis Ludwigsburg? Ingrid Hönlinger ist davon überzeugt. Menschenrechte sind für sie kein auf Lateinamerika beschränktes Thema. Für die Juristin ist auch der Einsatz für die Umsetzung der Menschenrechtskonvention, die die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung festschreibt, Teil dieses Kampfes. Im Bundestag wirke sie daran mit, die Leitplanken einer Politik zu bauen, die ihren Vorstellungen entspricht – soweit das eben in der Rolle der Opposition möglich ist. Sei es nun im Familienrecht, wo sich ihre Partei dafür eingesetzt hat, die Rechte der nicht verheirateten Väter zu stärken und dabei Rückenwind vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bekommen hat.

Neue Formen der Familie als Aufgabenfeld

Denn auch das ist ein ureigenes Thema der Anwältin, die sich vor ihrem Eintauchen in die Politik unter anderem auf Familienrecht konzentriert hat. Dass sie dabei auf Mediation zwischen den Beteiligten setzt, ist selbstverständlich. Mit ihrem Mann Siegfried Rapp hat sie 2001 eine Praxis für Mediation gegründet, die meist dann zum Einsatz kommt, wenn sich ehemalige Partner nicht einigen können und dieser Konflikt über den dann – oft verweigerten – Zugang zu den Kindern ausgetragen wird.

Viele Anfragen erreichen die Bundestagsabgeordnete deshalb auch zu diesem Großkomplex. Selbst wenn sie im Einzelfall nicht eingreifen kann, helfen viele Kontakte in der Arbeitsgruppe Neue Familie, den Ist-Zustand des Familienrechtes immer wieder zu überprüfen. Steter Tropfen höhlt den Stein. Auch beim sogenannten Whistleblower-Schutz. Der Gesetzesvorschlag der Grünen fand keine Mehrheit. Nun heiße es dranbleiben und durchhalten.

Entscheidend ist, ob der Listenplatz 19 reicht

Vor allem aber geht es für Ingrid Hönlinger am 22. September darum, dass ihr 19. Platz auf der Landesliste auch reicht, um wieder den Sprung ins Parlament zu schaffen – in eine rot-grüne Regierungskoalition, wie sie demonstrativ zuversichtlich sagt. Aber weder über Niederlage noch über ein verpasstes Bundestagsmandat mag die positiv denkende Ingrid Hönlinger reden. Auch bei ihrer bunten Halskette schaut immer die grüne Kugel nach vorne.

Die vier Twitterfragen

Ein Windrad auf dem Dach oder Atommüll im Keller – was ist Ihnen lieber? Erneuerbare Energien aus Wind, Sonne und Wasser sind die Energieversorgung der Zukunft. Fukushima zeigt: Atommüll ist Gift.

Würden Sie das Geld eher in die Nordostumfahrung oder lieber in die Stadtbahn investieren? Die Stadtbahn ist die zukunftsfähigere Investition. Auch sollte die Billinger-Brücke gebaut werden, wenn die umliegenden Städte dies wollen.

Privatsphäre oder Kameraüberwachung – etwa am Bahnhof Ludwigsburg? In unserer Privatsphäre sollen weder NSA noch BND schnüffeln. Kameras im öffentlichen Raum können Sinn machen.

Kinder selbst betreuen oder im Hort – was bevorzugen Sie? Kinder brauchen Eltern, die Zeit für sie haben. Eltern brauchen gute Kitas, um Zeit für sich und ihre Arbeit zu haben.